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Zapfenstreich. Mehrere hundert Mal rückte die Feuerwehr in den vergangenen Tagen aus, um Dächer von Schnee- und Eismassen zu befreien. Hauseigentümer müssen für diese Einsätze zahlen – doch die Feuerwehr hat bisher noch nicht einmal die Rechnungen für die Einsätze des vergangenen Winters geschrieben.

© Reuters

Verzögerte Abrechnung: Feuerwehreinsätze gegen Schnee – vorläufig gratis

Die Berliner Feuerwehr meint es gut mit Hauseigentümern, denen sie wegen Schnee und Eis aufs Dach steigt. Selbst für Einsätze im vergangenen Winter wurden noch keine Rechnungen verschickt.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner Feuerwehr meint es gut mit privaten Hauseigentümern, denen sie aufs Dach steigt, um Schneebretter zu entfernen oder Eiszapfen abzuschlagen. Die 2598 kostenpflichtigen Einsätze aus dem Winter 2009/10 sind bis heute nicht abgerechnet. Die Gebührenforderungen seien „in Bearbeitung“, beantwortete Innensenator Ehrhart Körting (SPD) jetzt eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Oliver Schruoffeneger. „Aufgrund des umfänglichen Bearbeitungsaufwands ist bisher kein Zahlungsausgleich erfolgt.“

Die offenen Forderungen sollen nach Angaben der Innenverwaltung bis März 2011 aufgelistet werden. Bis dahin werde man auskunftsfähig sein. Für eine Stunde Einsatz auf verschneiten und vereisten Dächern werden pro Fahrzeug pauschal 322 Euro Gebühr erhoben, bei einem Drehleiterfahrzeug können es bis zu 727 Euro sein. Die Gebührenordnung der Feuerwehr ist allerdings rechtlich umstritten. Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin von 2009 muss eine detaillierte Leistungsabrechnung erfolgen. Ein „irrsinniger Aufwand“, kommentierte ein Sprecher der Feuerwehr.

Vorerst bleibt offen, ob die Berliner Feuerwehr willens und in der Lage ist, den Hauseigentümern für ihre Arbeit in der kalten Jahreszeit Rechnungen zu schicken – und das Geld auch einzutreiben. Zeitnah und gerichtsfest. Die Vermutung des Haushaltsexperten Schruoffeneger, dass in der Rechnungs- und Kosteneinziehungsstelle der Feuerwehr nicht genügend Leute sitzen, wies der Innensenator zurück. Ab September 2010 sei der Abrechnungsbereich mit drei Mitarbeitern im befristeten Einstellungsverhältnis verstärkt worden. Im Frühjahr 2011 solle eine weitere Mitarbeiterin dazu kommen. „Die Einsätze werden daher sukzessive ohne Verzug vollständig abgerechnet werden können“, versprach Körting. Und er wies beruhigend daraufhin, dass die Gebührenforderungen erst nach drei Jahren verjähren.

Schruoffeneger gibt aber keine Ruhe. „Wenn nach fast einem Jahr keine Zahlungen erfolgt sind, ist das ein klares Organisationsversagen des Innensenators“, sagte er dem Tagesspiegel. Offenbar seien Körting die Einnahmen des Landes Berlin aus Verwaltungsgebühren nicht so wichtig. Die Personalsituation in der Abrechnungsstelle der Feuerwehr müsse kurzfristig so geregelt werden, „dass die Zahlungen zeitnah erfolgen“. Der Innensenator müsse dies bei seiner Behörde notfalls persönlich anordnen.

Auch in diesem Winter muss die Feuerwehr ständig ausrücken, um Dächer von bedrohlichen Schneelasten zu befreien und zu verhindern, dass Passanten von herabstürzenden Eiszapfen verletzt werden. Allein am Sonntag vor Silvester rückte die Wehr 230 Mal aus. Juristisch eindeutig ist, dass jeder Hausbesitzer die Schnee- und Eislast auf seinem Dach eigenverantwortlich kontrollieren muss. Möglicherweise wird die Feuerwehr eher gerufen als ein privater Räumdienst, weil die Meinung vorherrscht, dass dies billiger ist. Ulrich Zawatka-Gerlach

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