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Berlin: Videoüberwachung in London: Big Brother ist überall

Closed Circuit Television (CCTV) ist schon seit den Neunzigern eine Selbstverständlichkeit für die Briten. Videoüberwachung in England begann in privaten Einkaufszentren, dann kamen die Autobahnen.

Closed Circuit Television (CCTV) ist schon seit den Neunzigern eine Selbstverständlichkeit für die Briten. Videoüberwachung in England begann in privaten Einkaufszentren, dann kamen die Autobahnen. Nach und nach folgten ganze Städte. Mindestens 16 britische Stadtzentren werden heute systematisch von kommunalen CCTV Anlagen überwacht. In Liverpool haben Stadtrat, Polizei und die Verkehrsorganisation im letzten Jahr gemeinsame Sache gemacht und ein einheitliches System mit 240 neuen Digitalkameras eingerichtet, die durch 100 Kilometer Glasfaserkabel verbunden sind.

Gesteuert wird das System von einem zentralen Kontrollzentrum. Zusätzliche Überwachungssysteme können jederzeit integriert werden. Wer in London irgendwo den Blick hebt, wird eine Videokamera sehen. Liebespaare sind gewarnt. An Hausfronten, vor den Eingängen der Bürogebäude, in Supermärkten überall hängen die Kameras. Jeder U-Bahnschacht ist überwacht, jede große Straßenkreuzung. Die Verbrechensquote in London ist vier Mal so hoch wie in New York. Die Bürger wünschen sich mehr Kameras. Eben hat Bürgermeister Ken Livingston weitere tausend aufstellen lassen.

Am 17. Februar wird die Straßenmaut in London eingeführt. Dann wird jedes Nummernschild fotografiert und jede Fahrzeugbewegung aktenkundig. Beamte mit Joysticks kontrollieren die Kameras in einer Kommandozentrale – die genaue Lage bleibt aus Furcht vor Attacken geheim. CCTV hat in Großbritannien, wo Personalausweise immer noch verpönt sind, eine praktisch uneingeschränkte Akzeptanz. Nach einem Bericht des Oberhauses werfen rund 1,5 Millionen staatliche und privatwirtschaftliche CCTV-Kameras ihr wachsames Auge auf die Bürger. Handfeste wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit der Videoüberwachung gibt es nicht. Aber immer, wenn die Polizei eine Schießerei per CCTV aufzeichnet oder den Verlauf eines Verbrechens minutiös rekonstruieren kann, wird der Glaube an die Wirksamkeit der Kameras bekräftigt.

Die Überwachungsgesellschaft wird durch nichts aufzuhalten zu sein. Die Uni Bristol arbeitet an einer Software, die die Körpersprache von Kriminellen analysiert. Damit könnte man auf den Videobildern die Bösewichter herausfischen, bevor sie die Tat überhaupt begangen haben. Wie in Spielbergs Science-Fiction-Krimi Minority Report.

Matthias Tibaut[London]

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