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Berlin: Viel Einsatz – wenig Wirkung

Das beitragsfreie letzte Kitajahr kostet Berlin zwölf Millionen Euro Aber keiner weiß, ob sich dadurch mehr Kinder in die Kita locken lassen

Die Kostenbefreiung im letzten Kindergartenjahr ab 2007 wird voraussichtlich nur wenigen hundert Kindern zusätzlich zu einer Kitaförderung verhelfen. Wie jetzt durch eine Kleine Anfrage der FDP bekannt wurde, hat der Senat keinerlei Erkenntnisse darüber, ob es überhaupt Eltern in Berlin gibt, die einzig durch die Kitabeiträge davon abgehalten werden, ihre Kinder betreuen zu lassen.

Tatsache ist, dass schon jetzt 24 000 von rund 25 000 Berliner Kindern in dem Jahr vor der Einschulung eine Kita besuchen. Von den 1140 Kindern ohne Kitabesuch sprechen 566 sehr schlecht Deutsch. Ob man genau diese Gruppe in die Kita locken kann durch die Kostenbefreiung, ist völlig offen, zumal sie in jedem Fall 23 Euro Essensgeld zahlen müssten. Die FDP hält es für ausgesprochen fragwürdig, dass das Land künftig auf rund zwölf Millionen Euro Kitagebühr pro Jahr verzichten will, obwohl das eigentliche Ziel, nämlich alle Kinder und vor allem die Migranten, in die Kita zu holen, schon jetzt fast erreicht ist.

Der rot-rote Senat hat inzwischen anscheinend selbst bemerkt, dass die zwölf Millionen Euro ein hoher Preis sind für wenige hundert zusätzliche Kinder. Deshalb ist er dazu übergegangen, die Gebührenbefreiung auch als insgesamt familienpolitisch motivierten Schritt zu begründen. Dies allerdings hält die Opposition für unglaubwürdig, weil es noch keine drei Jahre her ist, dass dieselbe rot-rote Regierung die Kitagebühren anhob. Damals begründeten die Abgeordneten von SPD und PDS die Erhöhung als „unvermeidbar“ angesichts der haushaltspolitischen Situation Berlins.

Um die einkommensschwächeren Berliner nicht vom Kitabesuch abzuschrecken, wurden die Gebühren damals allerdings nur für die höheren Einkommen angehoben. Gleichzeitig wurde eine komplizierte Beitragstabelle entworfen. Sie umfasst 41 unterschiedliche Einkommensgruppen. Jede Gruppe zahlt einen anderen Monatsbeitrag.

Inzwischen hat sich aber gezeigt, dass diese Tabelle die Berliner Verhältnisse kaum widerspiegelt. Angesichts der schlechten Einkommenslage in Berlin kommen in der Realität fast nur die unteren acht Einkommensgruppen zum Tragen. Wie die Senatsverwaltung für Jugend auf Anfrage mitteilte, entrichtet über die Hälfte der Eltern nur den Mindestbeitrag von 25 Euro für den Ganztagsplatz. Knapp 84 Prozent zahlen nur bis zu 100 Euro. Nur 16 Prozent der Eltern gehören in die Einkommensgruppen von 33 540 bis über 81 000 Euro. Somit zahlen nur zehn Prozent 100 bis 200 Euro, nur 3,7 Prozent zahlen 200 bis 300 Euro, und es bleiben nur gut zwei Prozent, die mehr als 300 Euro aufbringen. Den Höchstsatz von über 400 Euro zahlt fast niemand.

In Hamburg, das vom Finanzsenator gern als Vorbild genannt wird, haben sich die höheren Kitagebühren für den Senat mehr gelohnt: In der vergleichsweise reichen Hansestadt zahlen immerhin acht Prozent den Höchstsatz.

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