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Berlin: Viele Pannen bremsen die Bahn

Eineinhalb Jahre nach Erfindung der "Pünktlichkeitstafel" und fast ein Jahr nach dem Verspätungs-Chaos auf der Stadtbahn bremsen immer wieder Unfälle und Pannen die Bahn in Berlin.

BERLIN .Eineinhalb Jahre nach Erfindung der "Pünktlichkeitstafel" und fast ein Jahr nach dem Verspätungs-Chaos auf der Stadtbahn bremsen immer wieder Unfälle und Pannen die Bahn in Berlin.In der vorigen Woche legten zwei schwere Schäden an der Oberleitung die Züge lahm; Anfang des Monats hatte es einen langwierigen Kurzschluß auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Berlin gegeben.Während an guten Tagen die Pünktlichkeitstafel im Bahnhof Zoo um die 95 Prozent meldet, registrieren Kunden nur die Pleiten.Der jüngste Vorfall: Am Dienstag rollte der Abend-ICE aus Köln mit Verspätung in Berlin ein, weil es beim Koppeln in Hamm einen Zusammenstoß gab.

Insgesamt drei Schäden erschütterten an diesem Abend das Vertrauen in den ICE. Es begann in Hamm mit einem Knall: Ungebremst fuhr der ICE 947 aus Köln gegen 20.35 Uhr in die am Bahnsteig wartende Zughälfte aus Düsseldorf. Wer im Gang stand, sei umgefallen, berichtete ein Fahrgast. Leute, die gesessen hätten, seien nach vorne geflogen und gegen die Lehne des Vordersitzes geschleudert." Es gab einen Riesenschlag", sagte der Fahrgast weiter. Später sei über Lautsprecher nach einem Arzt gefragt worden.

Nach Angaben der Deutschen Bahn AG war die Automatik des ICE gestört, die die hintere Zughälfte mit genau zwei Kilometern pro Stunde mit der anderen Hälfte koppelt.So habe der Lokführer den ICE per Hand gesteuert und sei dabei offenbar viel zu schnell geworden.Bahnsprecher Manfred Ziegerath schätzte das Tempo des Aufpralls auf etwa sechs Stundenkilometer.Sicherheitsgurte gibt es in einem ICE nicht.Wieso die Automatik gestört war, sei noch unklar.Die elektronisch im Zug gespeicherten Daten seien noch nicht ausgewertet.Per Augenschein habe das Personal in Hamm nach etwa einer halben Stunde entschieden, daß der Zug weiterfahren könne.Erstmals seit Einführung der "Flügel"-ICE 1998 habe es eine derartige Störung gegeben.Gekoppelt werden die Züge immer per Automatik, allerdings werde auch das Langsamfahren per Hand geübt, betonte der Sprecher."Wir können uns nur entschuldigen", sagte Ziegerath.Ob der Arzt wegen des Aufpralls gesucht worden sei, konnte er nicht sagen.Nach dem Knall verlief auch die Weiterfahrt nicht ohne Pannen.Zunächst konnte der Zug nicht abfahren, da eine Tür gestört war.In Bielefeld blieb der Zug stehen, weil nach Angaben des Zugpersonals der Triebkopf nach dem Vorfall in Hamm von einem Techniker untersucht wurde.Um die Verspätung einzuholen, beschleunigte der Zug dann auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Berlin auf Tempo 250 - was viele Fahrgäste mit Unwohlsein registrierten.Als die Verspätung bis auf zwölf Minuten eingeholt war, gab es in Charlottenburg einen weiteren unplanmäßigen Halt.Während das Zugpersonal diese mit einer Triebkopfstörung begründete, sagte gestern Berlins Bahnsprecherin Marlene Schwarz, eine Signalstörung sei die Ursache gewesen.

Von allein ging die Bahn mit der Pannenfahrt von ICE 947 nicht an die Öffentlichkeit - recherchiert wurde auf Anfrage des Tagesspiegels.Das ist Hauspolitik: "Wir versuchen, vieles im eigenen Laden zu lassen", sagte ein Bahnsprecher, "intern jedoch wird alles untersucht".Indirekt lassen sich alle Pleiten einen Tag danach an der Pünktlichkeitstafel am Bahnhof Zoo ablesen: bei einer Pünktlichkeit von 70 oder 80 Prozent.Ganz ehrlich ist die Tafel nicht.Als "unpünktlich" gelten Züge mit mehr als fünf Minuten Verspätung.Ausgefallene Züge werden nicht registriert.

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