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Berlin: „Vielleicht müssen wir zwei, drei Bäder schließen“

Sportsenator Ehrhart Körting (SPD) will die Bäder sanieren, dabei aber Schwerpunkte setzen. Wannsee gehört nicht dazu

Herr Körting, seit der Wahl gehören auch die Schwimmbäder zu ihrer Verwaltung. Deren Lage ist desolat – es gibt einen immensen Sanierungsbedarf. Wie sehen Sie die Situation?

Berlin hat 2002 einen großen Schnitt gemacht und Bäder stillgelegt, mit dem Ziel, eine zukunftsfähige Bäderlandschaft zu bekommen. Wir haben jetzt noch 37 Hallenbäder am Netz, das entspricht dem Standard einer vergleichbaren Stadt wie zum Beispiel Hamburg. Diesen Standard wollen wir halten.

Gilt das nur für die Hallenbäder?

Es gibt auch Sommerbäder, die in dicht besiedelten Stadtteilen liegen, ich denke etwa an das Kreuzberger Prinzenbad, das auch aus Gründen der Daseinsvorsorge von staatlicher Hand betrieben werden sollte. Anders sieht das bei den Freibädern aus …

…das sind die Bäder an natürlichen Seen…

…wie das Strandbad Wannsee zum Beispiel. Freibäder sind eher Luxus und nicht so sehr Frage der Daseinsvorsorge. Solche Bäder können wir betreiben, wenn sie unseren Etat nicht belasten. Wenn das nicht geht, sollte man sie behandeln wie eine Badestelle im Brandenburgischen auch.

Gerade das Strandbad Wannsee hat eine große Tradition, wird im Mai 100 Jahre alt und begründete das Freibadwesen in Berlin und Preußen.

Ich sage ja nicht, dass wir Wannsee schließen sollen. Aber wir sollten nicht so tun, als wäre West-Berlin noch eingemauert. Viele Berliner fahren an die Seen in der Mark und nicht mehr zum Wannsee. Wir müssen prüfen, ob es nicht besser ist, die vielen Bauten am Wannsee, die nicht mehr zum eigentlichen Badebetrieb benötigt werden, der Pfiffigkeit eines privaten Pächters zu überlassen.

Heißt das: Keine öffentlichen Gelder mehr für die weitere Sanierung des Strandbads Wannsee?

Ich halte es für sinnvoller, den Schwerpunkt auf die Hallenbäder zu setzen.

Was tun gegen den Sanierungsstau?

Wir haben in der Koalitionsvereinbarung festgehalten, dass Bäder notwendig sind. Jetzt gilt es, das mit Leben zu füllen. Für die gesamten Sanierungkosten ist noch keine Summe festgelegt. Ich gehe davon aus, dass wir 2008, vielleicht schon früher, Geld in die Hand nehmen müssen, um die Hallen instandzusetzen und zu modernisieren.

Die Bäderbetriebe sprechen von einem Sanierungsstau von 40 bis 50 Millionen Euro.

Das entspricht ungefähr der Größenordnung, mit der wir derzeit kalkulieren. Der tatsächliche Sanierungsbedarf muss in jedem Einzelfall geprüft werden.

Schon jetzt gibt es Versorgungslücken, zum Beispiel im Berliner Südwesten, wo nach der Schließung der Halle an der Finckensteinallee ein Engpass besteht. Wie schnell lässt sich das ändern?

Die Finckensteinallee hat einen erheblichen Sanierungsbedarf. Wir sollten überlegen, ob wir dort nicht mehr Geld investieren, sie zukunftsfähig zu machen.

Was heißt das?

Das Becken ist tiefer, als für einen normalen Schwimmbetrieb erforderlich ist. Wenn wir das ändern, sparen wir Wasser und Energie fürs Heizen. Ich bin sicher, dass sich der Senat und das Abgeordnetenhaus diesen Überlegungen auf längere Sicht nicht verschließen werden.

Der Zuschuss für die Bäder sinkt kontinuierlich, gleichzeitig geht demnächst am Sportforum Hohenschönhausen eine sanierte Halle wieder in Betrieb. Was heißt das für die Bilanz der Bäderbetriebe?

Sie wird nicht ganz so gut ausfallen wie in den Jahren zuvor, wo sie mit einer schwarzen Null oder einem leichten Überschuss abschließen konnte.

Wie hoch wird das Defizit 2007 ausfallen?

Das ist noch nicht klar. Fest steht aber, dass wir wegen der höheren Betriebskosten mit dem Abgeordnetenhaus reden müssen: Wenn ihr diese Bäder haben wollt, dann ist das nur zu diesem Preis möglich, sonst müssen wir Bäder schließen. Aber das ist nicht meine Politik.

Sind Bäderschließungen möglich?

Ich will nicht ausschließen, dass wir ein, zwei oder drei Bäder noch schließen müssen. Wir sollten aber bei jedem Bad entscheiden: Wie hoch ist der Sanierungsbedarf? Sollte es nicht mehr zu stemmen sein, müssen wir das auch sagen.

Werden Eintrittspreise erhöht?

Ich halte die derzeitigen Preise per Saldo für angemessen, deshalb sehe ich zurzeit keinen Sinn darin, die Preise zu erhöhen.

Wie sollen die steigenden Kosten gedeckt werden?

Die Bäderbetriebe werden nie kostendeckend arbeiten, wenn ich Kitas, Schulen und Vereine kostenlos hereinlasse, was ich auch absolut für richtig halte. Ich plädiere dafür, die Zuschüsse des Landes an die tatsächlichen Kosten anzupassen, statt einen festen Betrag festzulegen.

Klingt spendabel.

Es gehört aber zur Daseinsvorsorge. Jedes Kind hat einen Anspruch darauf, schwimmen zu lernen. Bäder spielen auch eine Rolle bei der demografischen Entwicklung. Wir werden immer älter; Schwimmen ist ein Sport, der vor allem für Ältere sehr gut geeignet ist. Wenn wir mit den Bädern etwas zur Gesunderhaltung leisten können, ist das sinnvoll und gehört zur staatlichen Aufgabe.

Welche Rolle spielen Bäder bei der Integration und der Gewaltprävention?

Sport ist Prävention an sich und hat eine wichtige Funktion, vor allem für junge Leute, insbesondere in sozial benachteiligten Stadtteilen. Es ist immer gut, wenn junge Leute sich in Bädern oder Sportplätzen statt auf der Straße austoben.

Wann waren Sie letztes Mal schwimmen?

Am 2. Januar, in einer Halle an der Nordsee.

Und in Berlin?

Ich gehe regelmäßig mit meinen Töchtern schwimmen, allerdings eher im Sommer und dann an den Seen.

Das Gespräch führte Matthias Oloew

Ehrhart Körting (64) ist Innensenator und seit der Wahl auch für Sport und Bäder zuständig. Eine intakte Bäderlandschaft in Berlin zählt für ihn zur staatlichen Daseinsfürsorge.

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