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Berlin: Vivantes ließ den Petitionsausschuss abblitzen

Ab 2004 sind auch landeseigene Unternehmen auskunftspflichtig

Von Sabine Beikler

Zwei Homosexuelle wurden beim Christopher-Street-Day verletzt. Sie suchten Hilfe in einem Krankenhaus des landeseigenen Vivantes-Konzerns. Doch statt der erhofften Behandlung sollen sie von Pflegern und einem Arzt beschimpft und ihnen Prügel angedroht worden sein. Beide Männer wandten sich daraufhin an den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses. Als der Ausschuss unter Vorsitz des SPD-Abgeordneten Ralf Hillenberg vom Vivantes-Konzern über diesen Vorfall Auskunft verlangte, erhielt er Hillenberg zufolge die Antwort, dass Vivantes als landeseigenes Unternehmen in Form einer GmbH dem Ausschuss gegenüber nicht auskunftspflichtig ist. Das soll sich künftig ändern. Alle Fraktionen im Abgeordnetenhaus unterstützen eine entsprechende Gesetzesänderung: Ab nächstem Jahr sollen nicht nur Verwaltungen, sondern auch – wie schon in Bremen oder Rheinland-Pfalz – landeseigene Unternehmen dem Ausschuss gegenüber Auskünfte erteilen müssen.

Mehr als 2100 Petitionen sind in den vergangenen zwölf Monaten beim Petitionsausschuss eingegangen; rund 500 Menschen konnten die Parlamentarier bisher weiterhelfen. In den meisten Fällen geht es um tatsächliche oder angenommene Behördenwillkür im Bereich Soziales (313 Petitionen), Ausländerfragen (170), Justiz (156) und Arbeit (101). Ein Beispiel: Ein 38-jähriger Polizist, seit 1995 verbeamtet, ist häufig krank. Es gibt zwei Gutachten über seine Krankheit: ein amtliches und ein privat erstelltes. Das amtliche Gutachten kommt zu dem Schluss, dass der Polizist nicht „berufstauglich“ ist: Es droht die Zwangspensionierung. Daraufhin wendet sich der Mann an den Ausschuss. Dieser handelt mit den Behörden einen „Vergleich auf Probe“ aus: Der Polizist wird zunächst für ein halbes Jahr wieder eingesetzt.

Hillenberg und seine Stellvertreterin Annelies Herrmann (CDU) kennen aber auch Fälle von dreistem Missbrauch. So hatte sich an den Ausschuss eine Frau gewandt, die Ansprüche auf Grundsicherung geltend machen wollte. Bei der Recherche kam jedoch heraus, dass die Frau Quittungen über eine Mongolei-Reise, Konzertkarten, Blumen oder Bekleidungsrechnungen über 800 Euro eingereicht hatte – und dafür Beihilfezahlungen forderte.

An den Ausschuss können sich alle Bürger mit ihren Anliegen wenden. Die Adresse: Abgeordnetenhaus, Petitionsausschuss, Niederkirchnerstraße 5, 10111 Berlin. Weitere Informationen im Internet unter: www.parlament-berlin.de

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