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Sprüht´s an jede Wand... Ein Graffito in Kreuzberg als politischer Slogan.

© Jens Kalaene/dpa

Volksbegehren gegen hohe Mieten in Berlin: Subventionen für den Kiez

Ein Bündnis von Initiativen fordert mehr Sozialwohnungen und stärker subventionierte Mieten. Mit dabei sind die Neubaugegner vom Tempelhofer Feld. Senator Geisel lobt die Kampagne vorsichtshalber.

Neues Aufbegehren liegt in der Luft. Ein breites Bündnis aus Bürgerinitiativen hat den „Berliner Mieten-Volksentscheid 2016“ gestartet – mit dabei: die Aktivisten, die vor einem Jahr erfolgreich die Randbebauung des Tempelhofer Feldes verhinderten. Auch die Initiative gegen Wohnbauten am Mauerpark gehört zum Unterstützer-Kreis. Darin sehen die Volksbegehren-Macher aber keinen Widerspruch. „Es gibt genug versiegelte Flächen in Berlin, die bebaut werden können“, sagte Jan Kuhnert von der Unternehmensberatung KUB, der das Vorhaben maßgeblich vorantreibt.

426 000 Wohnungen könnten gefördert werden

Neubauplanungen gegen den Widerstand der Anwohner lehnen die Initiatoren ab. Neubau sei zwar wichtig, aber so, wie vom Senat betrieben, wirke er kaum gegen steigende Mieten. Der Gesetzentwurf sieht im Kern vor, den öffentlich kontrollierten Wohnungsbestand – 426 000 Wohnungen – auf eine Nettokaltmiete von rund fünf Euro herunterzusubventionieren, abhängig vom Einkommen des Mieters. So werde niemand gezwungen, seine angestammte Wohnung im Heimatkiez aufzugeben.

Der Berliner Mieterverein unterstützt das Volksbegehren, beim Tempelhofer Feld hatte er sich noch zurückgehalten. Auch Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) reagierte überraschend positiv. „Ich teile die Ziele und Anliegen der Initiative grundsätzlich.“ Er werde gerne „Ideen und Anregungen diskutieren und gegebenenfalls auch übernehmen, sofern sie zielführend, schnell umsetzbar und bezahlbar sind“.

"6,50 Euro Kaltmiete sind zu viel für kleine Geldbeutel"

Der Verweis auf die Bezahlbarkeit enthält allerdings eine deutliche Kritik. Denn die Initiative geht selbst davon aus, dass der geforderte Subventionsfonds für Wohnraum „mehrere 100 Millionen Euro“ im Jahr kosten würde. Bislang gibt es nur einen Fonds mit 64 Millionen Euro im Jahr für den Neubau von 1000 Wohnungen. Die Eigentümer müssen die geförderten Wohnungen anschließend für sechs bis sieben Euro kalt anbieten.

Diese von der Politik gezogene Untergrenze halten die Mieten-Aktivisten für zu hoch. „6,50 Euro sind zu viel für kleine Geldbeutel, aber das glaubt man uns nicht“, sagt Ulrike Hamann von der Initiative Kotti & Co. „Es ist eine große Wut entstanden, weil die existenzielle Not, die wir täglich spüren, nur Spott erntet.“ Der Senat komme seiner Aufgabe, sozialen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, nicht mehr nach.

Die Initiatoren des Volksbegehrens: Jan Kuhnert (l.) hat den Gesetzentwurf maßgeblich mitgeschrieben.
Die Initiatoren des Volksbegehrens: Jan Kuhnert (l.) hat den Gesetzentwurf maßgeblich mitgeschrieben.

© Thomas Loy

Da viele ehemalige Sozialwohnungen seit dem Wegfall der Anschlussförderung kaum noch bezahlbar seien, müsse „kurzfristig“ eine Senkung der sogenannten Kostenmiete erreicht werden, sagte Kuhnert. Auch die Mieterhöhungen in kommunalen Wohnungen sollten wegfallen.

Aktivisten schlagen Verzicht auf Olympia vor

Der Verband der Wohnungsunternehmen (BBU) lehnt das Volksbegehren ab. „Die Wohnungspolitik würde zum unkalkulierbaren Risiko für die Stadt und den Landeshaushalt“, sagt BBU-Chefin Maren Kern. Für die dringend nötigen Investitionen in Schulen, Straßen und Krankenhäuser gäbe es dann kaum noch Geld. Kuhnert sieht dagegen genügend Spielraum für finanzielle Umschichtungen im Landeshaushalt. Etwa durch einen Verzicht auf die Olympischen Spiele. „Dass Olympia Geldverschwendung ist, darüber besteht unter den Initiativen Konsens“, sagte eine Sprecherin. Allerdings gebe es dazu keinen offiziellen Beschluss.

Der Entwurf zum „Berliner Wohnraumversorgungsgesetz“, 30 Seiten stark, sei in achtmonatiger Arbeit entstanden und verfassungskonform, versicherte Mitautor Kuhnert, mit 63 Jahren der älteste Volksbegehren-Initiator. Die Finanzverwaltung arbeitet derzeit an einer Schätzung der öffentlichen Kosten dieses Entwurfs. Das gehört zum gesetzlich vorgeschriebenen Prozedere. Anschließend beginnt die erste Stufe des Volksbegehrens, die Sammlung von 20 000 Unterschriften bis Ende Mai. Stufe zwei mit 175 000 benötigten Unterschriften würde im Januar 2016 beginnen. Im Herbst wollen die Initiatoren dann parallel zur Abgeordnetenhauswahl den Volksentscheid abhalten.

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