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Volksbegehren: Glaubensstreit um Pro Reli

In den Kirchen formiert sich Widerstand gegen das Volksbegehren: Die Initiative "Christen pro Ethik" verteidigt die Linie des Senats - alles soll so bleiben wie bisher. Wie groß die Gruppe der Christen ist, lässt sich schwer ausmachen. "Pro Reli" läuft unterdessen die Zeit davon.

Die Diskussion um die Initiative Pro Reli und das Volksbegehren für ein Wahlpflichtfach Ethik/Religion nimmt an Schärfe zu – auch in den Reihen der Kirchen. Zwei Tage bevor die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland zum großen Pro-Reli-Gipfel in der Hauptstadt laden, haben am Dienstag die innerkirchlichen Gegner des Volksbegehrens zum Widerstand aufgerufen.

Die Initiative „Christen pro Ethik“ fordert die Berliner auf, dafür einzutreten, dass in Bezug auf den Ethik- und Religionsunterricht an Berlins öffentlichen Schulen alles so bleibt, wie es ist. Das heißt, dass Religionsunterricht ein freiwilliges Angebot ist und Ethik das einzige Pflichtfach. Die Initiative lehnt einen Wahlpflichtbereich Ethik/Religion ab, weil es im multikulturellen Berlin an öffentlichen Schulen ein Fach geben müsse, in dem alle Kinder gemeinsam über moralische und ethische Fragen sprechen.

Laut einer neuen bundesweiten Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der Lehrergewerkschaft GEW sind 53 Prozent der Deutschen dafür, dass es an Schulen einen gemeinsamen Ethikunterricht als Pflichtfach gibt und Religionsunterricht lediglich ein freiwilliges Angebot sein soll. Die GEW hat dazu vergangene Woche 1000 deutschsprachige Bürger ab 14 Jahren befragen lassen.

„Ich möchte nicht, dass ein muslimisches Kind über Homosexualität nur etwas im muslimischen Religionsunterricht erfährt oder ein katholisches Kind etwas über Abtreibung nur im katholischen Religionsunterricht“, begründete der evangelische Pfarrer Stephan Frielinghaus von der französischen Friedrichstadtkirche am Dienstag, warum er bei „Christen pro Ethik“ mitmacht. Frielinghaus stört sich auch an dem „enormen propagandistischen Aufwand, mit dem die Pro-Reli-Initiative bis in jeden Winkel unserer Kirche durchgestellt wird“. Täglich erhalte er Mails von Pro Reli und die Aufforderung, endlich einen Pro-Reli-Beauftragten zu ernennen und ein bestimmtes Quantum an Unterschriften abzuliefern. Zur Tradition der evangelischen Kirche gehöre, dass man auch eine abweichende Meinung äußern und auch als Pfarrer die Position des Senats gut finden dürfe. „Ich lasse mir nicht den Mund verbieten“, sagte der Pfarrer.

In der aktuellen Ausgabe der evangelischen Kirchenzeitung „Die Kirche“ schreibt der Vorsitzende des Gemeindekirchenrats der Gemeinde Baumschulenweg: „Die Initiative Pro Reli ist eine politische Initiative, deshalb bieten wir ihr keine Plattform.“

Wie groß die Gruppe der Christen ist, die die Position des Senats vertreten, lässt sich schwer ausmachen. Die konfessionsübergreifende Initiative „Christen pro Ethik“ besteht nach eigenen Angaben aus gut zwei Dutzend Mitgliedern. Den Aufruf haben mehr als hundert unterschrieben, darunter viele Theologen und Lehrer. Auch der Kirchenkritiker Eugen Drewermann gehört zu den Unterzeichnern. „Die große Mehrheit der Gemeinden steht hinter dem Volksbegehren“, schätzt Pfarrer Frielinghaus. Aber es gebe auch eine signifikante Minderheit, die anders denke. Nach Auskunft der evangelischen Landeskirche gibt es in den 125 Gemeinden 80 Pro-Reli-Beauftragte. Die Initiative Pro Reli muss bis 21. Januar 170 000 Unterschriften gesammelt haben, dann gibt es im Sommer einen Volksentscheid. Bislang sind nach eigenen Angaben 70 000 Unterschriften zusammengekommen.

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