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Flughafen Tempelhof

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Volksbegehren: Riskantes Spiel um den Tempelhofer Flughafen

Ein rekordverdächtiges Volksbegehren setzt sich Ziele, die wohl kaum erreichbar sind. Das Plebiszit für den Flughafen Tempelhof ist allerdings eher eine Angelegenheit des Berliner Westens.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Volksbegehren zum Flughafen Tempelhof ist das erfolgreichste Plebiszit, das bisher in Berlin stattgefunden hat. Bis zum Wochenende wurden 114 510 Unterschriften gezählt und damit der alte Rekord, eine Aktion gegen die Rechtschreibreform (1999: 106 080 Stimmen) gebrochen. Trotzdem bleibt das Ziel der spektakulären Volksbefragung nebulös.

Klar ist bislang nur, dass der Initiator des Begehrens, die „Interessengemeinschaft City Airport Tempelhof“ (ICAT) gute Chancen hat, bis Mitte Februar 2008 die notwendigen 170 000 Stimmen einzusammeln, damit es zu einem Volksentscheid kommt. Wenn wöchentlich 7000 Unterstützer hinzukommen, könnte es die ICAT schaffen. Vorausgesetzt, die Zahl der ungültigen Unterschriften hält sich in engen Grenzen. Klar ist auch, dass der Kampf um Tempelhof eine Angelegenheit des Berliner Westens ist. Nur knapp zehn Prozent der Flughafen-Fans, die sich in die Listen eintrugen, wohnen im Osten der Stadt. Tempelhof-Schöneberg, Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf sind die tragenden Säulen der Kampagne.

Die ist wegen teurer Werbemaßnahmen und Shuttle-Aktionen – um Sympathisanten zu den Bürgerämtern zu fahren – maßgeblich auf finanzielle Hilfe privater Unternehmen angewiesen. Politisch unterstützt wird das Volksbegehren von CDU, FDP, Kammern und Wirtschaftsverbänden. Das ICAT-Büro im Flughafengebäude wird vom früheren CDU-Landesgeschäftsführer Matthias Wambach geleitet, im Vorstand sitzt der CDU-Verkehrsexperte und Ex-Abgeordnete Alexander Kaczmarek. Politischer Wortführer ist unangefochten der CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger.

Das offizielle Ziel des Volksbegehrens: Der Airport Tempelhof soll auf Dauer Verkehrsflughafen bleiben. Daran glauben allerdings auch die treuesten Freunde der ICAT nicht mehr. Stattdessen wird gefordert, Tempelhof bis zur Eröffnung des Großflughafens Schönefeld (BBI) 2011/12 als Flughafen für Geschäftsflieger offenzuhalten. Einer solchen Interimslösung stünde juristisch nichts entgegen, doch auf die Frage, was dieser Aufschub bringen soll, hat nur der Kanzleramtschef Thomas de Maizière eine Antwort gefunden. Damit ließe sich „Zeit kaufen“, sagte er, um ein vernünftiges Nutzungskonzept zu finden. Ein Konzept ohne Flugbetrieb, denn das Kanzleramt bestätigte jetzt erneut: „Der Bund, Berlin und Brandenburg stimmen überein, dass ein unbefristeter Weiterbetrieb den Planfeststellungsbeschluss und damit den Bau des Flughafens BBI gefährden würde.“

Nach vielen Rechtsgutachten und Urteilen bis hoch zum Bundesverwaltungsgericht scheint dies unter Fachleuten juristischer Konsens zu sein. Lediglich ein Gutachten für das Bundesfinanzministerium vertrat die Minderheitenmeinung, dass (ohne Änderung des Landesentwicklungsplans für die Flughafenstandorte in Berlin und Brandenburg) ein „Sonderlandeplatz“ möglich sei. Nicht für alle Geschäftsflieger, sondern nur für jene Investoren, die dann auf dem Flughafengelände residierten.

Wer mehr will, darf kein Risiko scheuen. Natürlich könnten die brandenburgische Landesregierung und der Berliner Senat den Landesentwicklungsplan ändern mit dem Ziel, über 2012 hinaus in Tempelhof einen Flughafen für Geschäfts- und kleine Privatflieger einzurichten. Doch gibt es keinen belastbaren Hinweis darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht – als „Herr über die Planfeststellung“ für BBI – anschließend stillhält. Neue Klagen drohten, inklusive eines Baustopps in Schönefeld. Ein erfolgreicher Volksentscheid wäre, so gesehen, ein engagierter Appell, dieses Risiko einzugehen. Ulrich Zawatka-Gerlach

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