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ro THF. Bei der Abstimmung über die Zukunft des Flughafens Tempelhof 2008 waren seine Anhänger zwar in der Mehrheit, die Gesamtzahl der Stimmen reichte aber dennoch nicht aus: Das Quorum wurde nicht erreicht.

© Thilo Rückeis

Volksentscheide in Berlin: Nur der "Berliner Wassertisch" war erfolgreich…

24 Volksbegehren hat es seit 1995 in Berlin gegeben, nur fünf schafften es zum Volksentscheid. Und von denen scheiterten vier an der Hürde des Quorums.

Mal wollen sie schreiben, wie sie wollen – mal rauchen, wo sie wollen. 24 Mal haben die Bürger sich seit der Einführung von Volksentscheiden 1995 auf Artikel 59 Absatz 2 der Landesverfassung berufen. Dort steht: „Gesetzesvorlagen können im Wege des Volksbegehrens eingebracht werden.“ Den Anfang machte 1998 der Antrag auf die Einleitung eines Volksbegehrens: „Rücknahme der Rechtschreibreform in Berlin“. Er scheiterte ebenso an der Beteiligung wie die Gastwirte, die sich 2007 gegen das Rauchverbot stemmten und die Initiative zur Verlängerung der Schanköffnungzeiten 1999. Überhaupt schafften es in 20 Jahren nur fünf Volksbegehren auch zum Volksentscheid, dessen Entscheidung bindend ist, falls eine Mehrheit – mindestens aber 25 Prozent aller Wahlberechtigten – mit Ja stimmt. Vor dem heutigen Sonntag war das nur einmal der Fall. Ein Überblick.

Schon einmal sammelten Berliner Unterschriften, damit das Tempelhofer Flugfeld nicht verändert wird. Die geplante Schließung des Innenstadtflughafens polarisierte 2008 die Berliner und provozierte emotionale Debatten. Unter dem Titel „Tempelhof bleibt Verkehrsflughafen!“ forderte die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof e.V. vom Senat „sofort die Schließungsabsichten aufzugeben und den Widerruf der Betriebsgenehmigung aufzuheben“. Zwar waren 60,1 Prozent der Abstimmenden für die Offenhaltung, das entsprach aber nur 21,7 Prozent aller Berliner Wahlberechtigten. Zu wenig. Damit war der erste Berliner Volksentscheid gescheitert.

Kirchen und andere Interessenvertreter gingen 2006 auf die Barrikaden, als Ethik an Berliner Schulen in den siebten Klassen zum Pflichtfach wurde. Sie schlossen sich im Verein Pro Reli zusammen und warben dafür, Religion als gleichberechtigte Wahlalternative zu erlauben. Der Vorstoß scheiterte doppelt. Nicht nur stimmte 2008 beim Volksentscheid mit 51,3 Prozent eine knappe Mehrheit der Abstimmenden gegen den Vorschlag, auch die Beteiligung der Wahlberechtigten war zu gering.

Die Initiative „Berliner Wassertisch“ machte 2011 vor, wie es funktionieren kann. Ziel war es, alle Verträge im Bereich der Berliner Wasserwirtschaft veröffentlichungspflichtig zu machen. Der damalige rot-rote Senat sperrte sich gegen das Begehren mit der Begründung, es sei rechtlich unzulässig, da es gegen höherrangiges Recht verstoße. Erst ein Machtwort des Landesverfassungsgerichtes machte den Weg für die Abstimmung frei. 98,2 Prozent der Teilnehmer sprachen sich für eine Offenlegung der Verträge aus, insgesamt stimmten 27 Prozent der Wahlberechtigten mit Ja. Damit ist dieser Volksentscheid bisher der einzige erfolgreiche. Alle anderen scheiterten am Zustimmungsquorum.

Im vorigen Jahr erst waren die Berliner für einen Volksentscheid an die Urnen gerufen. Der „Berliner Energietisch“ forderte mit seinem Gesetzentwurf die Gründung eines ökologischen Stadtwerks und den Rückkauf der Stromnetze von Vattenfall. Der rot-schwarze Senat beschloss nach langem Ringen kurz vor dem Volksentscheid ebenfalls die Gründung eines Stadtwerks, allerdings in kleinerer Ausführung. Am Ende fehlten dem Volksentscheid etwas über 20 000 Ja-Stimmen zum Erfolg. Im letzten Jahr veranlasste der Senat aber, den Entscheid nicht zeitgleich mit der Bundestagswahl abzuhalten. Das dürfte die Wahlbeteiligung gedrückt haben. Diese Ausrede haben die Initiatoren von 100 Prozent Tempelhof, deren Abstimmung gleichzeitig mit der Europawahl läuft, in diesem Jahr nicht.

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