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Fahrender Musikant: Zehn Jahre lang war er Kopf der Band Fink. Nun ist Nils Koppruch mit seiner zweiten Soloplatte auf Tour.

© Ghvc

Volksmusik mit Indie-Zügen: Nils Koppruch im Comet Club

Die Tiefe kommt später: Nils Koppruchs Folksongs nähert man sich über das Herz. Am Mittwoch singt der Hamburger sie im Kreuzberger Comet Club - unser Auftritt der Woche.

„In Hinterzimmern sitze ich und warte unterm Neonlicht“, singt Nils Koppruch in dem entspannt dahinshuffelnden Titelstück seines neuen Albums „Caruso“. Es ist die augenzwinkernde Bestandsaufnahme eines fahrenden Musikanten: „Ich ring das Huhn, ich kämm den Affen, und alle anderen stehen und gaffen.“ So läuft das im Showbusiness. Koppruch, Jahrgang 1965, ist ein Bühnenveteran, von 1996 bis 2006 war er Frontmann der Hamburger Band Fink, 2007 veröffentlichte er sein erstes Soloalbum „Den Teufel tun“. Und nun ist er eben mit seiner zweiten Platte auf Tour, am Mittwoch wird er, unterstützt von einer vierköpfigen Combo, im Kreuzberger Comet Club spielen.

„Ich tret im Club des Jahres auf, ich such im Heu die Nadel raus“, singt Koppruch weiter. Und dieses Nadelraussuchen ist vielleicht gar kein schlechtes Bild für das, was der Songwriter Koppruch über die Jahre geschafft hat: nämlich für sich selbst einen ganz besonderen Stil zu finden, einen unverwechselbaren musikalischen und textlichen Gestus. Das neue Album ist dabei kein Durchbruch, keine Revolution. Es ist ein Weitersingen, ein Weiterschreiben einer „Idee, die ich weiter verfolge, auch noch ein paar Jahre lang“, wie Koppruch sagt, am Telefon aus Mülheim an der Ruhr, backstage kurz vor dem ersten Konzert der Tour.

Seit alten Fink-Tagen leben seine Lieder von einer Stimmung, wie es sie in der deutschsprachigen Popmusik vor Fink nicht gegeben hat. Staub und Gold, Kirschen und Mädchen, Henker und Hunde – es sind warme, traurigfröhliche Lieder, bescheiden instrumentierte Liebesstückchen, Sehnsuchtssongs, kleine Feierlichkeiten. „Lebend gehen wir nicht mehr aus der Welt“, singt Nils Koppruch fröhlich und zitiert damit eine Zeile des Country-Helden Hank Williams. Warum sich also die Zwischenzeit nicht ein bisschen angenehm machen?

Eigentlich nämlich macht Nils Koppruch amerikanische Musik. „Deutscher Country“ war denn auch ein häufig gebrauchter Hilfsausdruck, um die Lieder von Fink zu beschreiben. Nun ist Koppruch aber nicht einfach ein Hobby- Cowboy wie die Folkloristen von Truck Stop („Der wilde, wilde Westen fängt gleich hinter Hamburg an“). Nein, er hat sich den Folk genommen und ihn sich „anverwandelt“ – nicht umgekehrt. Er selbst sagt es so, und klingt dabei kein bisschen selbstgefällig: „In Ermangelung akzeptabler Popmusiktraditionen“ – in Deutschland, meint er – „erfinde ich meine eigene Volksmusik.“ Stadien hat er damit nie gefüllt – aber im Hinterzimmer kann man sich ohnehin netter unterhalten.

Volksmusik, das heißt für Koppruch auch, nicht elitär zu sein. Er hat der Indie-Szene seiner Stadt viel zu verdanken, fühlt sich den Bands der viel beschriebenen „Hamburger Schule“ verbunden, besingt in einem neuen Song eine Straße im Stadtteil St. Pauli, hat sein Album bei dem ebendort ansässigen Indie-Label Grand Hotel van Cleef veröffentlicht. Koppruchs Musik jedoch ist Hamburg ohne Schule, nicht intellektuell, sondern „emanzipatorisch“, wie er es nennt. Genau wie den von der Art Brut inspirierten, nur scheinbar naiven Bildern, die er seit 1990 unter dem Pseudonym „SAM.“ malt, nähert man sich Nils Koppruchs Songs am besten nicht übers Hirn, sondern übers Herz. Es ist eigentlich ganz einfach: Die Tiefe kommt später, wer sie spüren will, spürt sie.

Beginn ist am Mittwoch um 21 Uhr im Comet Club, Falckensteinstr. 47 (14 Euro).

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