zum Hauptinhalt

Berlin: Voll im Saft (Glosse)

Insgeheim warten wir ja auch zwei Wochen danach immer noch auf Paukenschläge, die unseren Verdacht erhärten, es komme jetzt eine neue Zeit, und zwar die mit der Zwei vorn. Aber was passiert?

Insgeheim warten wir ja auch zwei Wochen danach immer noch auf Paukenschläge, die unseren Verdacht erhärten, es komme jetzt eine neue Zeit, und zwar die mit der Zwei vorn. Aber was passiert? Nichts passiert. Berlin fluppt wie immer, und das aktuelle Symptom ist die Grüne Woche - 74 Jahre nach ihrer Erfindung immer noch voll im Saft und allemal gut für eine halbe Million Besucher.

Was ist da eigentlich dran? Einst mussten wir hin, um grüne Surabaya und karierte Erbsenmango zu kosten - aber die gibt es längst im nächsten Supermarkt. Wir mussten hin, um den Alliierten durch Verzehr absonderlicher Regionalprodukte - Knoblauchschnecken, Marshmallows - unsere unverbrüchliche Treue zu versichern. Wir mussten hin, damit unsere eingemauerten Stadtkinder lernten, wo beim Schwein hinten ist, und dass nicht alle Kühe von Pappe sind und Karoline heißen. Vorbei. Und seit es ordentliche Weinläden gibt, wirken sogar die emsigen Drückerkolonnen von der Weinstraße irgendwie rückständig. "Darf ich Sie mal unverbindlich auf ein Schlückchen einladen?" Och, nö.

Egal. Hier geht es ums Eingemachte, darum, dass bestimmte Dinge eben mit dem Berliner Lebensgefühl so untrennbar verbunden sind wie Aronal mit Elmex. Ein Symbol gefällig? Wenn der Schein nicht trügt, flattert sogar das Messe-Logo mit den beiden Ähren, das eine Zeit lang als historisch belastet galt, der Veranstaltung längst wieder fröhlich voran. Woraus wir etwas lernen können. Nämlich, dass Gen-Manipulationen zwar an Schrot und Korn möglich sind. Aber nie und nimmer an der Erbmasse dieser Stadt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false