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Berlin: Vom Arbeitsamt ins Stadion

Hertha BSC verteilte Karten für das Spiel gegen Hannover 96 an Erwerbslose

Donnerstag, fünf nach acht im Arbeitsamt Steglitz: Michael Weimann und Bruder Nico sprinten treppauf in den dritten Stock. Die Berliner Arbeitsämter verteilen heute Freikarten für das Heimspiel des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC am Samstag gegen Hannover 96. „Super Aktion von Hertha“, japst Michael, der 20-jährige Arbeitslose. „Ich gehe öfter ins Stadion und zahle sonst acht bis zwölf Euro für die Karte.“ Zwei Minuten später hält der Fan seine Karten in der Hand und nach einer weiteren hat er das Arbeitsamt verlassen. „Wenn ich meine Fortbildung schwänze, gibt es Ärger.“ Herthas Geschenk zum 111. Vereinsjubiläum – 1892 mal 2 Freikarten an die Arbeitslosen der Stadt – wird gern angenommen.

„Wo sind die Karten?“ Der Mittvierziger mit Bauchansatz wartet die Antwort von Pförtner Johannes Fuchs nicht ab und flitzt Punkt acht ins Amt. Trotz der Aktion spricht Fuchs gelassen von einem „ganz normalen Morgen“ ohne großen Andrang. Das bestätigt auch Petra Wiersgalla, Pressesprecherin im Tempelhofer Arbeitsamt Südwest. Sie hat sich eine Herthamütze aufgesetzt und selbst Karten verteilt. Einige Arbeitslose winken ab und zücken Hertha-Dauerkarten, andere nehmen die Freikarten gerne mit. Der gelernte Elektriker Günther M. verstaut seine Karten und geht gleich wieder, Arbeit sucht er heute keine. Eine Industriekauffrau im Kostüm ist zwar kein Hertha-Fan, findet das Geburtstagsgeschenk aber trotzdem nett: „Vielleicht kann ich die Karten losschlagen.“ Per Kartenverkauf zur Ich-AG?

Nach einer Dreiviertelstunde sind alle Tickets verteilt – am Samstag trifft man sich im Stadion: Die Leistungsberaterin Christa Jarke sitzt mit ihrer Dauerkarte im Block A6 – und ihre arbeitslosen Kunden dank Hertha im Block 36.

Thomas N. Riens

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