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Berlin: Vom Teufelsberg ans Tor

An Berlins anspruchsvollstem Hang stand einst eine Schanze. Nun starten Skispringer im Tiergarten

Am Teufelsberg stand bis 1975 eine Skisprungschanze, und 1986 wurde an Berlins anspruchsvollstem Hang sogar ein WeltcupSlalom veranstaltet – doch der Skisport gehörte in letzter Zeit nicht zu den Kernkompetenzen unserer Stadt. Die rasante Herangehensweise an knifflige Verwaltungsfragen um so mehr. Der Sprecher des Fernsehsenders RTL jedenfalls ist begeistert: „Sensationell! Unbürokratisch!“, schwärmt er angesichts der raschen Genehmigung des Skispringens am Brandenburger Tor. Am kommenden Mittwoch wird auf der Straße des 17. Juni, gleich vorm Tor, eine Schanze stehen, von der herab die Bad Freienwalder Wintersportjugend sowie die RTL-Moderatoren Mirco Nontschew und Markus Lanz rutschen und hüpfen werden. Dreizehn Meter hoch wird die Schanze sein, zwanzig Meter weit können Könner springen. Mit der mobilen Mini-Schanze, die dem österreichischen Skisprung-Helden Hubert Neuper gehört, macht RTL auf die Skisprungweltmeisterschaft in Finnland aufmerksam. Sie wird ein paar Tage später auf etwas größeren Schanzen ausge- und von RTL übertragen. Dieser Größenunterschied ist der Grund, weshalb die großen Skispringer (Schmitt, Hannawald etc.) zwar in Berlin zugegen sein sollen, die Schanze aber nicht befahren werden. Trotzdem, so der Sendersprecher, wird um die 70 Meter lange Schanzenstrecke ab 11.30 Uhr „richtige Wettkampfatmosphäre herrschen“ – die werde durch Gulaschkanonen, Punsch und lila Martin-Schmitt-Kappen erzeugt.

Das anfeuernde Hupkonzert liefern die Berliner Autofahrer – sie müssen am 19. November von 9 Uhr bis 15 Uhr warten, bis sie wieder aufs Brandenburger Tor zufahren dürfen. Die Straße des 17. Juni ist dann gesperrt.

Beteiligt an der Entscheidung waren das Tiefbauamt Mitte (laut Baustadträtin Dorothee Dubrau hatte der Bezirk zwar nichts gegen die Schanze einzuwenden, sie durfte nur nicht auf dem Pariser Platz stehen), die Straßenverkehrsbehörde (welche, die hupenden Autofahrer antizipierend, anfänglich die größten Bedenken hatte), die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen, Verkehr, Stadtentwicklung und Umweltschutz (die den Ausgleich zwischen Bezirksamt und Verkehrsbehörde verwaltete) sowie die Senatskanzlei. Doch das ganze Lob bekommt wieder einmal ein anderer ab. RTL führt die schnelle Entscheidung auf das beherzte Eingreifen eines Sportsfreundes zurück: des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit. Tsp

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