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Eine zum großen Teil umgestürzte Windkraftanlage liegt am 13.12.2014 auf einem Feldweg im Windpark bei Koßdorf (Elbe-Elster) im Süden Brandenburgs.

© dpa

Vom Winde verdreht: In Brandenburg ist ein Windrad umgefallen

Ein umgeknicktes Windrad im Elbe-Elster-Kreis stellt Ökostrom-Experten in ganz Deutschland vor Rätsel. Es brach in einer Höhe von 30 Metern durch. Das sollte eigentlich nicht passieren.

Wenn in Brandenburg ein Windrad umfällt, verhält es sich wie mit dem berühmten Sack Reis in China – könnte man denken. Schließlich wurde das Bundesland nicht ohne Grund von Lobbyverbänden wie der Agentur für Erneuerbare Energien mehrfach wegen seiner besonders windkraftfreundlichen Politik ausgezeichnet. Viele tausend Windenergieanlagen drehen sich in der Mark. Nun ist es aber wirklich passiert – und löst bei Experten bundesweit Aufregung aus.

Bereits am vergangenen Mittwoch gegen 15.15 Uhr soll der Turm der mittelgroßen Anlage in Koßdorf, einem Ortsteil von Mühlberg (Elbe-Elster), in Höhe von etwa 30 Metern in der Mitte durchgebrochen sein. Die oberen 40 Meter samt Gondel und die 24 Meter langen Rotorblätter stürzten ab. Nun liegen dort rund 90 Tonnen Schrott auf einem Feld verteilt. Schon der Zeitpunkt irritiert: Sturmtief „Billie“ hatte seinen Höhepunkt erst am Freitagnachmittag, also 48 Stunden später, erreicht.

Der Sachverständige Jürgen Holzmüller, eigens gerufen aus Aurich in Ostfriesland, ließ sich bisher noch nicht zu Spekulationen hinreißen. Er stellte lediglich fest: „Das passiert nicht alle Tage.“

Diese friesisch-herbe Analyse bestätigt man bei Munich Re in Bayern, einer der größten Rückversicherungsgesellschaften der Welt. Das Unternehmen bot als eines der ersten überhaupt Versicherungsverträge speziell für Windkraftanlagen an. „Da geht es in der Regel um Feuer in den Gondeln. Auch ein Rotorblatt bricht schon mal ab“, sagt Munich-Re-Sprecher Stefan Straub. Bei seinen Fachkollegen im Haus sei nicht bekannt, dass schon mal ein Turm regelrecht abgerissen sei.

So ein Windrad rentiert sich erst nach 13 Jahren

„Doch, ist schon mal passiert: in Hessen“, korrigiert Markus Kellner aus Regensburg bereits leicht genervt wegen der vielen Anrufer. Als Geschäftsführer der Windpark Koßdorf GmbH hat er das größte Interesse an der Ursachenforschung. Kellner betreibt den Windpark im Auftrag von ein paar Privatleuten aus der Oberpfalz. Die hatten 1999 rund 1,4 Millionen Mark (716 000 Euro) in das Windrad D4 48/600 vom Hersteller DeWind aus dem schleswig-holsteinischen Lübeck investiert. DeWind wurde vor fünf Jahren aber von einer Tochter des südkoreanischen Industriekonzerns Daewoo übernommen. Beim letzten Verbindungsbüro in Hamburg geht keiner ans Telefon. „Regressansprüche? Können wir vergessen“, sagt Kellner. Jetzt wolle man in Ruhe ermitteln, was passiert ist. Dieser Unfall sei insofern ärgerlich, sagt Kellner, als eine Anlage in der Regel erst nach 13 Jahren ordentlich Geld in die Kassen blase: 8,6 Cent je eingespeister Kilowattstunden erhalten die Betreiber garantiert. Das wären bei dem nun abgestürzten Generator mit 600 Kilowatt Leistung immerhin gut 1200 Euro an einem optimalen Windtag in Brandenburg.

Hannelore Brendel, Bürgermeisterin der Gemeinde Mühlberg, nutzt die Havarie, um einmal grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass von dem Geld dieser Windräder fast nichts in der Region bleibt, in der sie stehen. Anders ist es übrigens mit dem Wahrzeichen des Ortsteils Koßdorf, der hölzernen Holländerwindmühle, Baujahr 1912. Dort mahlt ein Familienbetrieb bis heute Mehl.

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