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Bei schönstem Reisewetter starteten 170 Liebhaber alter Autos auf eine Tour nach Hamburg – natürlich mit Umwegen.

© Mike Wolff

Von Berlin nach Hamburg: Eine Oldtimer-Rallye durch sechs Bundesländer

Mit 170 Oldtimern brachen Motoristen vom Olympiastadion auf nach Hamburg. Insgesamt legen die Teilnehmer mit ihrem historischen Blech 770 Kilometer zurück.

Kugelsichere Scheiben oder ein ausfahrbares Schutzschild hätten sicher geholfen. Aber ein Aston Martin DBS ist kein DB5, und deshalb musste James Bonds einzige Ehefrau schon kurz nach der Hochzeit leider sterben, 1969 in dem 007-Reißer „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“. An nötiger Motorpower für eine eilige Flucht hat es jedenfalls nicht gefehlt: 370 PS, das sollte reichen.

Solch ein V-8-Protz, Baujahr 1972, ist das PS-stärkste Auto der „12. Hamburg-Klassik“-Rallye, die am Donnerstag gegen Mittag vom Gelände des Olympiastadions startete. „Reisen statt rasen“ heißt das Motto, auf Tempo kommt es nicht an, und so hätte theoretisch sogar das schwächste Fahrzeug eine Chance, ein Citroën 2 CV 4 von 1973, die gute alte „Ente“ mit gerade mal 23 PS. Nicht wer der Erste wird, zählt, es geht vielmehr um Gleichmäßigkeit und Zuverlässigkeit, getestet bei 21 Durchfahrts- und Zeitkontrollen und 24 Wertungsprüfungen, fünf davon sind sogar geheim.

Den hatte ich doch auch mal... Vor dem Start der Rallye ein fachmännischer Blick aufs Teilnehmerfeld.
Den hatte ich doch auch mal... Vor dem Start der Rallye ein fachmännischer Blick aufs Teilnehmerfeld.

© Mike Wolff

Veranstaltet wird die Fahrt, die in drei Etappen durch sechs Bundesländer in die Hansestadt an der Elbe führt, traditionell von dem Magazin „Auto Bild Klassik“, das sich an die Liebhaber von Oldtimern und Youngtimern richtet, Fahrzeugen also, die mindestens drei Jahrzehnte auf dem Blechbuckel haben oder sich dieser magischen, durch ein H-Kennzeichen kenntlich gemachten Zeitgrenze nähern.

Acht Jahrzehnte Automobilgeschichte machten sich auf den Weg

Apropos Buckel: Auch der Tagesspiegel fährt mit, als Teil des Volvo-Teams, in einem PV 544 von 1963, Kennern auch als „Buckelvolvo“ bekannt. Er und der P 121 Amazon waren 1959 weltweit die Ersten mit Dreipunktgurt ausgerüsteten Autos, Grund genug, dies durch die Teilnahme an der Rallye zu feiern.

Alter Schwede. Der Buckelvolvo PV 544 geht an den Start.
Alter Schwede. Der Buckelvolvo PV 544 geht an den Start.

© Christian Bittmann/Auto Bild Klassik

Ohnehin, für Autofirmen und nicht nur die ist solch eine Oldtimer-Tour eine gute Gelegenheit zur Traditions- und Imagepflege, Hauptsponsoren sind daher Mercedes-Benz Classic, die VW-Autostadt in Wolfsburg, der Reifenhersteller Vredestein und die Spielzeugfirma Mattel („Matchbox“, „Hot Wheels“).

Gut, dass die Freifläche vor dem Olympiastadion so groß ist. 170 Autos, verteilt auf 44 Marken, waren am Start, der Ablauf wie auch die Rallye selbst organisiert von einer 80-köpfigen Crew. Acht Jahrzehnte Automobilgeschichte machten sich auf den Weg, darunter exotische Fahrzeuge wie ein Gurgel X-12 von 1978. Von einem gleichnamigen Unternehmer war 1958 in Brasilien eine Firma für Kinderautos aus Plastik mit Zweitaktmotor gegründet worden.

Mit der Startnummer 2 macht sich ein Willys-Overland Whippet 96, Baujahr 1928, auf den Weg.
Mit der Startnummer 2 macht sich ein Willys-Overland Whippet 96, Baujahr 1928, auf den Weg.

© Mike Wolff

Nach einer Insolvenz gründete Gurgel eine neue Firma, baute nun echte Autos, zum Beispiel auf Käferbasis den Gurgel X-12, ein eher kurioses als schönes Auto, darin ganz anders als der Kelmark GT von 1964. Noch so ein Exot auf Käfer-Basis, samt einem 50-PS-Boxer-Motor. Die im US-Bundesstaat Michigan ansässige Firma bot damals Umbausätze und komplette Autos an, der „Beetle“ wurde so zumindest optisch zur vermeintlichen PS-Rakete.

Die Fotos auf Instagram dürfen auch nicht fehlen

Insgesamt 750 Kilometer legen die Teilnehmer zurück, erst Richtung Norden zur Mecklenburgischen Seenplatte, dann nach Wolfsburg, schließlich nach Hamburg. Es werden von unterwegs eifrig Fotos auf Instagram gepostet.

Die Fahrer und Beifahrer kommen aus Deutschland, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und Tschechien, sogar ein paar an historischem Blech interessierte Gäste aus China sind gekommen. Zu sehen bekommen sie nicht nur Autolegenden, sondern hinterm Lenkrad auch Prominenz.

Auch Katarina Katharina Witt und Prinz Leopold von Bayern sind mit von der Partie, in einem BMW 328 von 1937.
Auch Katarina Katharina Witt und Prinz Leopold von Bayern sind mit von der Partie, in einem BMW 328 von 1937.

© Mike Wolff

Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt ist, wie schon oft, mit von der Partie, gemeinsam mit Prinz „Poldi“ Leopold von Bayern. Und auch Rennprofis sind dabei. Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg steigt auf der letzten Etappe in eine Corvette von 1965, Le-Mans-Sieger Hans Joachim „Strietzel“ Stuck startet in einem Porsche 911 Carrera und Ellen Lohr, einzige DTM-Gewinnerin, in einem Mercedes 230 SL. Sie könnten also, wenn sie dürften, aber sie dürfen nicht. Denn wie lautet das Motto: „Reisen statt rasen“.

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