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Berlin: Von der Muse wachgeküsst

Nach 13 Jahren Leere: Gestern erklang im Palast der Republik Wagnermusik, gemischt mit Elektroniksound

Wagnerklänge, gemischt mit Elektroniksound im Palast der Republik, 90 Musiker im einstigen Foyer und rund 200 Gäste in den oberen Etagen in einem äußert ungewöhnlichen Konzertambiente: Gestern Abend war das längst totgesagte Bauwerk erstmals nach 13 Jahren wieder mit einer Kulturveranstaltung belebt. Und deren Besucher hatten das Gefühl, einem historischen Moment beizuwohnen.

Wenn es nach Amelie Deuflhard, der Vorsitzenden der Sophiensäle und des Vereins Zwischen-Palast-Nutzung geht, könnte es mit einzelnen Konzert- und Theaterveranstaltungen mindestens drei Jahre so weitergehen. Einen entsprechenden Antrag hat sie bei der Bundesvermögensverwaltung gestellt.

Der Verein will das Foyer und den einstigen Volkskammersaal„bausicher“ machen und versucht, dafür 1,2 Millionen Euro aufzubringen. Die Investition werde sich lohnen, heißt es. Mit dem Abriss des asbestbefreiten Palastes der Republik sei in den nächsten drei Jahren ohnehin kaum zu rechnen.

Noch vor einer Woche schien ungewiss, ob die Bauaufsicht das außergewöhnliche Konzert des Dirigenten Christian von Borries und des Bandenburgischen Staatsorchesters genehmigt. Führungen waren zwar bislang zugelassen, aber keine Kulturveranstaltungen. Kurzfristig kam die Zusage.

Das Konzert, das gestern Abend erstmals zu erleben war und am nächsten Montag und Dienstag wiederholt wird (alle Karten sind bereits ausverkauft), ist als „musikalische Führung“ genehmigt worden, Musiker und Gäste dürfen sich nur auf vorgeschriebenen Wegen wie auf einer „Schneise“ bewegen. Auf Stühlen unterhalb der großen Treppe im Eingangsbereich saßen gestern nur die Musiker, die Gäste standen in den Etagen darüber.

Die Bundesvermögensverwaltung, die einer Zwischennutzung bislang kritisch gegenüberstand, zeigt sich aufgeschlossen, das Haus auch für einzelne andere Veranstaltungen zu öffnen. Andererseits wüsste man gern, wann mit dem Abriss des Palastes zu rechnen sei und wie teuer das Ganze ist. Kulturstaatsministerin Christa Weiss wird in Kürze einen Bericht über das Schloss-Areal vorlegen und darlegen, wie der Beschluss des Bundestags zum Wiederaufbau der Schlossfassaden und eines „Humboldt-Forum“ mit Museen und wissenschaftlichen Sammlungen umzusetzen ist.

Unklar ist weiter, wie ein öffentlicher Anteil des 600 Millionen Euro teuren Neubaus finanziert werden kann. Die erste Hürde stellen bereits die Abrisskosten des Palastes der Republik dar. Aus dem Bundesbauministerium hieß es am Montag, dass nach einem jüngsten Gutachten dafür 20 Millionen Euro zu veranschlagen sind. Beim Abriss des Gebäudes bliebe die Betonwanne, die zwei Untergeschosse des Palastes vor Grundwasser schützt, zunächst erhalten. Sie werde allerdings durchlöchert und mit Erdreich aufgefüllt, um den Auftrieb der Fundamentplatte zu verhindern. Später soll sie beseitigt werden. Vor der Grundsteinlegung des Schlosses werde es einen Grundwassersee wie einst am Potsdamer Platz geben.

Die Stadtschloss-Freunde erwarten jedenfalls Auftrieb.Wilhelm von Boddien vom Förderverein Berliner Schloss will zum Jahresende eine Info-Box auf den Schloßplatz stellen. Die neue „Stadtschloss Berlin Initiative“ möchte nach Auskunft ihres Vorsitzenden Lür Waldmann ein vollständig durch Spenden finanziertes „Schloss-pur“, einschließlich des Renaissance-Flügels an der Spreeseite. In dem Schloss könnte es neben kulturellen und gastronomischen Einrichtungen auch Eigentumswohnungen geben, so die Vorstellungen der Intitiative.

Christian van Lessen

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