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Wilde Kerle. Zu Russlands Staatspräsident Wladimir Putin hat der Anführer der „Nachtwölfe“, Alexander Saldostanow (re.), offenkundig einen guten Draht (hier bei einem von den „Wölfen“ veranstalteten Festival 2011).

©  Alexey Druzhinin/AFP

Update

Von Moskau nach Treptow: Putins Biker "Nachtwölfe" fahren nach Berlin

Sie nennen sich "Nachtwölfe". Sie sind Freunde von Wladimir Putin. Und sie fahren nach Berlin. Auf der Spur der Roten Armee. Zum 70. Jahrestag des Kriegsendes. Ob ihnen die Berliner zujubeln werden?

Mit wehender roter Fahne werden die Russen wohl nicht wieder anrücken, wenn sie Anfang Mai zum 70. Jahrestag des Kriegsendes in die deutsche Hauptstadt Berlin einziehen. Wenn bei diesem Finale des Anmarschs über Tausende von Kilometern etwas weht, wird es wohl in den Farben Weiß-Blau-Rot sein, den Nationalfarben Russlands, nicht in dem des Siegesbanners der Roten Armee. Aber dass es dabei viel Jubel am Straßenrand gibt für die Anreise aus Moskau auf zwei oder allenfalls drei Rädern, ist nicht zu erwarten.

Der Jahrestag der deutschen Kapitulation wirft seine Schatten voraus, und am gestrigen Dienstag reichten sie von der russischen bis in die deutsche Hauptstadt. „Nach Berlin“ heißt das Motto einer von russischen Bikern geplanten Tour auf den Spuren der Hitlers Wehrmacht nachjagenden Sowjetarmee, die – so berichten die Nachrichtenagenturen dpa und AFP – am 25. April in Moskau beginnen und am 9. Mai in Berlin enden soll, nach einer Strecke von rund 6000 Kilometern.

Kreml-Chef Wladimir Putin, der sich gern auch schon mal mit den wilden Kerlen auf dicken Krafträdern fotografieren lässt, wird sicher nicht dabei sein, aber ebenso sicher darf man davon ausgehen, dass der Zug nach Westen seine stille Zustimmung findet. Schließlich zeigen sich führende Mitglieder des als ultranationalistisch geltenden, an der Tour maßgeblich beteiligten Moskauer Bikerclubs „Die Nachtwölfe“ gern an seiner Seite. Einer der Bosse, Alexander Saldostanow alias „Chirurg“, gilt geradezu als Kumpel Putins.

Putins wilde Kerle

Das Motto des Ausflugs nach Berlin lehnt sich an den Schlachtruf der Roten Armee 1945 an. „Ziel ist es, das Andenken an diejenigen zu ehren, die beim Kampf gegen den Faschismus gefallen sind“, zitiert AFP Organisator Andrej Bobrowski, der aber abstreitet, dass die Fahrt politisch motiviert sei. „Wir sind keine Historiker, aber wir wollen die Hunderttausenden von Zivilisten nicht in Vergessenheit geraten lassen, die im Krieg gestorben sind.“ Ein weiteres Ziel ist laut Bobrowski, die „guten Beziehungen“ zwischen Russland und den durchquerten Ländern zu entwickeln und zu stärken.

Die Route führt über Weißrussland, Polen, Tschechien, die Slowakei und Österreich bis nach Berlin-Karlshorst zum Deutsch-Russischen Museum, wo in der Nacht zum 9. Mai 1945 die deutsche Kapitulation unterzeichnet wurde. Am 9. Mai soll die Tour dort enden. Die Biker wollen auf ihrer Fahrt Todeslager wie Auschwitz und Dachau besuchen, ebenso das sowjetische Ehrenmal im Treptower Park. Laut Bobrowski wollen sich europäische, auch deutsche Biker anschließen.

Aber es sind eben auch die „Nachtwölfe“ dabei – wie es aussieht wohl sogar als Leitwölfe. Der kurz vor dem Ende der Sowjetunion 1989 gegründete Club zählt in deren Nachfolgestaaten heute 5000 Mitglieder. Die „Nachtwölfe“ waren bereits auf der Krim unterwegs, kurz nach deren Annexion durch die Russische Föderation, und tauchten auch in der prorussischen „Volksrepublik Luhansk“ in der umkämpften Ostukraine auf.

Mit dem Stärken der „guten Beziehungen“ zu den Nachbarstaaten scheint es allerdings nicht so recht zu klappen. In Polen gibt es bereits Widerstand gegen die geplante Motorradtour. Mehr als 9000 Unterschriften wurden für eine Petition gesammelt, die von den Behörden verlangt, den rund 40 erwarteten Bikern die Einreise zu verwehren. „Mit wehenden russischen Flaggen wollen sie den Weg der Roten Armee nachfahren, die Polen niemals Freiheit gebracht hat“, sagte der Initiator der Petition, Jarek Podworski aus dem ostpolnischen Lublin.

Ein polnischer Biker-Club sprach sich dagegen für die russischen Motorradfahrer aus: „Wenn wir in Russland unterwegs sind, werden wir immer herzlich empfangen", sagt Wiktor Wegrzyn. Der Präsident des Clubs „Sternfahrten von Katyn“ organisiert regelmäßig Touren an Orte in Russland, an denen Polen Opfer des stalinistischen Terrors wurden.

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