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Berlin: Von Schlägen nichts bemerkt

Die Mutter, die ihr Baby misshandelt haben soll, wird seit ihrem 14. Lebensjahr vom Jugendamt betreut

Für das zehn Wochen alte Baby aus Neukölln, bei dem Ärzte vor zwei Wochen schwere Misshandlungen festgestellt haben, sucht das zuständige Jugendamt nun eine Pflegefamilie. „Der Säugling wird nicht wieder zu den Eltern zurückkommen“, sagte Jugendstadtrat Thomas Blesing (SPD) gestern. Das Jugendamt ist seit gestern der Vormund des Babys.

Der Vater und die Mutter der kleinen Lisa sind 19 und 16 Jahre alt. Sie sollen, wie berichtet, das Baby so schwer misshandelt haben, dass ein Richter am Dienstagabend gegen beide Haftbefehl erlassen hat. Allerdings kamen die beiden deutschen Eltern gegen Auflagen wieder frei: Der Vater muss sich zweimal, die Mutter einmal pro Woche bei der Polizei melden. Ärzte eines Krankenhauses hatten am 30. März bei dem damals acht Wochen alten Säugling eine ausgeprägte Hirnblutung sowie frische und ältere Brüche der Rippen, Arme und Beine festgestellt. Die Eltern bestreiten, das Baby misshandelt zu haben.

Die junge Mutter wird seit ihrem 14. Lebensjahr regelmäßig von Sozialarbeitern des Jugendamtes betreut. Verletzungen bei dem Baby hätten die Betreuer aber nie bemerkt. „Wir haben uns nichts vorzuwerfen“, sagt Jugendstadtrat Blesing. Dreimal pro Woche sei eine Sozialarbeiterin in die Wohnung der Mutter in die Boberstraße gekommen. Der Vater des Kindes sei dort nicht gemeldet. Er wohne in einem anderen Bezirk, war aber bei der Mutter des Kindes offenbar regelmäßig zu Besuch. „Die Eltern waren nicht auffällig, und die Wohnung ist ordentlich gewesen“, sagt Blesing.

Auch der Betreuerin könne man keine Vorwürfe machen: „Sie konnte gar keine Verletzungen sehen, weil das Kind immer angezogen war und einen gesunden Eindruck machte.“ Allerdings kritisiert der Jugendstadtrat, dass dem behandelnden Kinderarzt aus der Umgebung die schweren Verletzungen offenbar nicht aufgefallen sind. Wie Blesing sagt, sei die Mutter in den vergangenen Wochen fünf Mal mit dem Säugling beim Kinderarzt gewesen. Die letzte Diagnose des Arztes stamme vom 21. März: Das Kind leide demnach unter einem Blähbauch. Am 30. März hat der Vater von Lisa die Feuerwehr gerufen, weil das Baby sich verschluckt hatte und rot anlief. Lisas Mutter sei derweil mit der Sozialarbeiterin beim Einkaufen gewesen. Ein Rettungswagen brachte Lisa ins Krankenhaus, wo die Ärzte später die schweren Misshandlungen feststellten und sich am Montag bei der Polizei meldeten.

Die junge Mutter stammt selbst aus „problematischen Familienverhältnissen“, sagt Blesing. Vor zwei Jahren wurde sie deshalb aus der Familie genommen und kam in eine Einrichtung, in der sie zwar eigenständig in einer kleinen Wohnung lebte, aber von Sozialarbeitern betreut wurde. Nach der komplizierten Geburt des Babys am 29. Januar habe sich zudem eine Hebamme zehn Tage lang um Mutter und Kind gekümmert.

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