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Von Tag zu Tag: Ausdrucksvoll

Werner van Bebber betrachtet die Demonstrationskultur

Berlin, bewegte Stadt. Die Kritiker des Großflughafens BBI demonstrieren am Samstag nicht auf einer schnöden Zufahrtsstraße wie am vergangenen Wochenende, sondern mit Stil und Erholungseffekt: durch einen Bootskorso über die Havel. Die Gegner des Ausbaus der Kastanienallee demonstrieren ebendort etwas später am Tag. Ausgerechnet diese Repräsentanten großstädtischen Lebensstils rufen zu einer schlichten „Kundgebung“. Da muss man sich Leute mit coolen Mützen, grimmigem Ausdruck und „Stoppt K21“-Schildern in der Hand vorstellen. Keine Boote, kein Korso, kein nichts, nur die reine demonstrative Existenz. Vielleicht ist die neue Kargheit beim Ausdruck politischer Unzufriedenheit der Trend von morgen. Im Tiergarten sollen zwei Kundgebungen zu sehen sein, eine große und eine kleine. Die große besteht aus Menschen, die für das Recht des Tieres zum Gegrillt- und Gegessenwerden Feuer entzünden. Die kleine setzt sich aus Behördenmitarbeitern zusammen, die als Repräsentanten letzter bürgerlicher Ordnungsvorstellungen die Grillordnung durchsetzen sollen. Man fragt sich in Anbetracht eines so ausdruckswilligen Stadtvolks, wozu es auf dem Schlossplatz das Einheitsdenkmal für bewegte Bürger geben soll.

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