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Von Tag zu Tag: Baby-Pause

Lothar Heinke wird nie wieder beim Stillen zuschauen.

Konnte das nicht ein wunderbarer Nachmittag werden? Die Sonne scheint, zwei Möwen kreischen, vor dem Adlon parken die edlen Autos, wuseln Touristen, einer spielt ein Lied auf seiner Fiedel. Wir gehen zum S-Bahnhof Brandenburger Tor. Im zugigen Durchgang, dort, wo uns die kleinste Bergbahn der Welt zu den Gleisen fährt, stehen ein paar Leute um eine Frau, die ihre vollständig entblößte linke Brust einem Baby hinhält, das von der Möglichkeit dieses Fastfoods eifrig nuckelnd Gebrauch macht. Milk to go!

Natürlich bleibt man da verwundert stehen, sagt „Mahlzeit!“ zu dem süßen Kleinen und fragt auch noch, ob’s schmeckt. Die schwarzhaarige Mama lächelt. Die Begegnung dauert nur Sekunden, aber die genügen, dass sich einer aus der Gang von hinten ’ranmacht, das Portemonnaie unbemerkt aus der durch dicke Joppe und Pullover verdeckten Hosentasche zieht und damit abhaut. Mit allem, was der Mensch so braucht: EC-Karten, Ausweise, Geld, Chipkarte für den Doktor und Monatskarte für die BVG. Alles weg. Dieb weg, Vertrauen in die Menschheit weg, dafür überfluten einen Wut und Scham: Wie konnte das passieren? Warum bist du so blöd und hast nix bemerkt? Wo haben diese raffinierten Langfinger ihre Präzision gelernt? Und das Szenario, dass dich ein nackter Busen samt Baby für Sekunden ablenkt? „Bandendiebstahl“ nennt die Polizei so etwas, „vielleicht kriegen Sie alles außer Geld wieder, meist landet das im nächsten Papierkorb“. Vielleicht. Und vielleicht treffen auch Sie demnächst eine Frau mit Baby beim Stillen an besonders belebter Stelle. Ja, die ist es! Halten Sie sich und den Lockvogel fest, vor allem aber ihr Portjuchhe!

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