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Berlin: Von Tag zu Tag: Bedrängte Seelen

Das Geschäft der Seelsorge ist es, sich um die Seele zu sorgen; sorgen im Sinne von kümmern, wohlgemerkt. Vor allem, wenn sie in Bedrängnis ist, die Seele, wird die Dienstleistung nachgefragt.

Das Geschäft der Seelsorge ist es, sich um die Seele zu sorgen; sorgen im Sinne von kümmern, wohlgemerkt. Vor allem, wenn sie in Bedrängnis ist, die Seele, wird die Dienstleistung nachgefragt.

Das dachte sich auch die Messegesellschaft. In den Büros unterm Funkturm machten sich die Herrschaften Sorgen, auch der Bedrängnis wegen. Sie räumten flugs zwei Zimmerchen in einer Halle frei und quartierten dort vor drei Jahren einen Messeseelsorger ein. Ein Raum der Stille mit zwei Dutzend Stahlrohrstühlen wartet auf die Beladenen.

Eine weise Tat, denn Beistand ist auf der Messe vonnöten, sollte man meinen: In jedem Jahr im Januar, eineinhalb Wochen lang Tag für Tag, werden um die 50 000 Menschen - jeder mit einer Seele - auf das Messegelände gelockt. Die Körper schieben und schaukeln, pressen und drücken und werden bei der Völlerei auch noch immer dicker. Enge allerorten. Wie geht es da den Seelen, fragt man sich. Geraten die nicht auch in Bedrängnis? Wie geht es ihnen angesichts bedrängter Rindsviecher in der Halle 25?

Indes, der Raum der Stille bleibt leer. Kaum einer schaut vorbei. Auch sonst, so hat es den Anschein, hat der Seelsorger kaum etwas zu tun. Des Rätsels Lösung: Die Messebesucher nehmen ihre Seelen nicht mit rein in die Hallen. Sie sind klug und lassen die Dinger einfach daheim. Deshalb lächelt auf der Grünen Woche auch keiner.

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