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Von Tag zu Tag: Bindestrich-Krieg

Gerd Nowakowski freut sich über das Ende der Kampfbegriffe

Lange vorbei. Zum Glück. Deswegen ist der merkwürdige Begriff „selbstständige politische Einheit Westberlin“ nicht mehr so recht geläufig. „Hä?“, fragen nun all jene, die jünger als 25 und/oder aus „West-Deutschland“ zugezogen sind. Noch ein Kampfbegriff aus jenen Zeiten, als zwischen Helmstedt und Berlin-Dreilinden eine holprige Autobahn und Hunderte Kilometer Unfreiheit lagen. Die „selbstständige politische Einheit Westberlin“ war ideologische Schöpfung der SED-Führung, dafür wurde von der Bundesrepublik im Gegenschlag die „DDR“ anfangs nur in Anführungszeichen gesetzt. Und wehe, das wurde vergessen! Der Kalte Krieg war spürbar bis in die Bindestriche. „West-Berlin“ schrieb man im freien Westteil, weil zur Stadt schließlich auch der Teil hinter der Mauer gehörte. Die SED-Funktionäre kannten dagegen nur „Westberlin“, weil Ostberlin ihre eigenständige Hauptstadt war. Warum wir das hier ausbreiten? Weil das Korrektorat des Tagesspiegels heute auf der Seite 12, wo es um den Rückblick auf Mauerzeiten geht, ohne viel Federlesen alle Bindestriche bei Ost- und West-Berlin tilgte. Früher hätte dieser – aus Gründen historischer Korrektheit wieder behobene – Fauxpas dem Tagesspiegel Hunderte von empörten Leserbriefen und Anrufen eingetragen. Schön, dass das vorbei ist.

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