zum Hauptinhalt

Berlin: Von Tag zu Tag: Butter bei die Fische

Die moderne Gesellschaft zerfällt seit jeher in zwei weltanschaulich strikt getrennte Fraktionen: Menschen, die ihr Butterbrotpapier nach einmaliger Benutzung achtlos entsorgen, und solche, die es aus Überzeugung mehrfach nutzen und nach Gebrauch sorgsam falten, es zur Vermeidung von Fettflecken erst in einem Plastikbeutel und diesen dann in der Aktentasche verstauen. Man darf unterstellen, dass in den Zeiten des Überflusses die erste Gruppe immer deutlicher an Oberhand gewinnt.

Die moderne Gesellschaft zerfällt seit jeher in zwei weltanschaulich strikt getrennte Fraktionen: Menschen, die ihr Butterbrotpapier nach einmaliger Benutzung achtlos entsorgen, und solche, die es aus Überzeugung mehrfach nutzen und nach Gebrauch sorgsam falten, es zur Vermeidung von Fettflecken erst in einem Plastikbeutel und diesen dann in der Aktentasche verstauen. Man darf unterstellen, dass in den Zeiten des Überflusses die erste Gruppe immer deutlicher an Oberhand gewinnt. Am Butterbrotpapier selbst änderte sich nichts.

Das war einmal. Denn ein 18 Quadratmeter großes Butterbrot stellt seine Umhüllung, sie erfolge blattweise oder mittels Tüte, grundsätzlich in Frage. Die deutsche Agrarwirtschaft, deren Marketing-Strategen für diesen Freitag im Ostbahnhof zum Guinness-Rekordversuch im Butterbrot Schmieren laden, muss das freuen, überkommt sie doch beim Gedanken an die Butterberge der achtziger Jahre noch immer das Grausen.

Die Papierindustrie allerdings muss das Projekt schärfstens kritisieren: Volkswirtschaftlich unverantwortlich! Langfristig gerät sogar die Pressefreiheit - diser kleine Hinweis in eigener Sache sei erlaubt - in Gefahr: Eine Absatzkrise auf dem Sektor des Butterbrotpapiers hat zwangsläufig höhere Preise bei anderen Sparten, mithin auch beim Zeitungspapier zur Folge.

Zurück zur Butter: 18 Kilogramm sollen an diesem Freitag dran glauben, natürlich zu wohltätigem Zweck. Auf die Scheibe gebracht werden sie durch ein geübtes Streicherteam. Wer ihm nicht angehört, sich aber dennoch zum Duell berufen fühlt, kann zum Stullen-Wettstreit antreten. Motto: "Schmier mir eine!" Eine vorzügliche, bundesweit an 20 Bahnhöfen zelebrierte Idee zur Feier des "Tages des Deutschen Butterbrotes", der freilich noch die musikalische Untermalung fehlt. In Hamburg könnte das ein Shanty-Chor erledigen, der "Butter bei die Fische" intoniert. Sollte irgendwo zum Schmieren geistlicher Beistand gewünscht sein, wäre an einem gemischten Kirchenchor ("Alles in Butter, Herr Luther") zu denken. Hier in der Hauptstadt, der Stadt des Guinness-Rekordes, müsste es schon Westernhagen sein ("Traust du deiner Mutter, wenn sie schwört auf gute Butter?").

Eine Sorge freilich bleibt: "Butterbrot macht Wangen rot", weiß der Volksmund. Die Beteiligten laufen beim Verzehr der Rekordstulle also eindeutig Gefahr, dass man bei ihnen Bluthochdruck vermutet.

Zur Startseite