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Berlin: Von Tag zu Tag: Der Hauptstadt-Sog

Berlin verhält sich zum Rest Deutschlands wie der Abfluss zur Badewanne. Ist der Stöpsel einmal gezogen, wird jeglicher Inhalt unweigerlich angesaugt.

Berlin verhält sich zum Rest Deutschlands wie der Abfluss zur Badewanne. Ist der Stöpsel einmal gezogen, wird jeglicher Inhalt unweigerlich angesaugt. Wir sehen das beispielhaft in der Politik: In Bonn klammern sich die restlichen ministeriellen Brückenköpfe noch verzweifelt ans Rheinufer, aber die Hauptstadt ist stärker.

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Na, und der Karneval. 200 000 Zuschauer beim ersten ernsthaften Berliner Anlauf auf einen Umzug, keine Toten oder Verletzten - das wird Folgen haben. Erinnert sich noch jemand daran, wie zwanzig Bekloppte einst in Charlottenburg eine Love Parade abhielten? Was draus geworden ist, weiß jeder. Und nun, Bonner, Kölner, Mainzer, müsst ihr ganz stark sein: Bützche un Kamelle, Schunkeln im Gürzenich und Ganzjahreskungeln im Elferrat, das alles hat sich geistig-moralisch längst auf den Weg an die Spree gemacht; auch die tollsten rheinischen Tage ändern nichts mehr daran. Weiter südlich, in Freiburg, haben sie gestern den Preis der Narrenzunft schon an Herta Däubler-Gmelin verliehen, die unkomischste Person seit Dschingis Khan. Sonst keiner mehr da!

Nur wenige Jahre, und fünf Millionen Menschen feiern am Brandenburger Tor durch, von Silvester bis Aschermittwoch, bis die Pappnase zu Staub zerfällt. Die Kostüme werden trotzdem anbehalten, um gleich den Christopher-Street-Day begehen zu können, hinter dem dann die Love Parade mit schätzungsweise zwölf Millionen Teilnehmern auch nicht mehr groß auffällt. Hauptsache, die Puste reicht noch für den Berlin-Marathon.

Furchtbar, oder? Ach, Bonn: Manchmal wünscht man sich, der Stöpsel wäre drin geblieben.

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