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Berlin: Von Tag zu Tag: Identitätsprobleme

Die Zeit drängte, wie jeden Morgen. Immerhin, einige Minuten bis zur nächsten U-Bahn blieben noch, aber ein neues Monatsticket war fällig und die Länge der Schlange vor dem Schalter völlig unkalkulierbar.

Die Zeit drängte, wie jeden Morgen. Immerhin, einige Minuten bis zur nächsten U-Bahn blieben noch, aber ein neues Monatsticket war fällig und die Länge der Schlange vor dem Schalter völlig unkalkulierbar. Heute hatte sie Glück: Keine Schlange. Also rasch eine Umweltkarte geordert, bezahlt und ... Nein, nichts mit und: Es herrschte Ebbe im Geldbeutel, ausgerechnet jetzt. Aber gibt es nicht die Segnungen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs? Und so zückte sie ganz selbstverständlich ihre EC-Karte, um die Schuld von 130 Mark zu begleichen. Hinter ihr sammelte sich weitere BVG-Kundschaft.

Die Dame am Schalter studierte die Karte, verkündete dann, ohne Ausweis könne sie diese nicht akzeptieren. Na gut, man weiß ja von allerhand Betrügereien mit dem Plastikgeld, hat also Verständnis. Nur fehlte jetzt leider der Ausweis. Ob es nicht auch der Führerschein täte? Die Frau hinter der Scheibe nahm nun auch diesen entgegen, studierte ihn wieder sehr genau, schüttelte dann den Kopf. Nein, gegen das Lichtbild hatte sie keine Einwände, aber es stimmten ja, so monierte sie, nur die Vornamen überein. Nun, das kommt bei verheirateten Frauen öfter vor, und die Kundin, mittlerweile schon sehr in Eile und mit einer ansehnlichen Warteschlange im Rücken, kramte rasch eine weitere EC-Karte, auch die Karte ihrer Krankenversicherung hervor, um die bezweifelte Identität zu beweisen. Nichts zu machen. Da gab sie es auf, eilte auf den Bahnsteig zum Automaten, zahlte den Einzelfahrschein bar. Den zweiten Automaten direkt daneben sah sie zu spät. Dort gab es Monatskarten - zahlbar per EC-Karte.

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