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Von Tag zu Tag: Katzenjammer

Lars von Törne fühlt sich dank eines entlaufenen Haustiers weniger allein.

Anonyme Großstadt, in der keiner seinen Nachbarn kennt? Das war einmal, dank eines Steckbriefs. „Haben Sie diese Katze gesehen?“ stand darauf, dazu ein Foto des Wohnungsgefährten mit dem getigerten Fell, der ein paar Tage zuvor von einem nächtlichen Ausflug nicht mehr zurückgekehrt war. Keine Stunde lang hing der dutzendfach kopierte Steckbrief an den Haustüren rund ums Karree, da begann das Telefon zu klingeln, wildfremde Menschen meldeten ihre Katzen-Beobachtungen. Kurz darauf dann der erlösende Anruf, dass der Kater hungrig, aber gesund in einem Hinterhof gesehen wurde, aus dem er zurück nach Hause gebracht werden konnte. Das Telefon aber klingelte in den kommenden Tagen noch etliche Male. Aus kurzen Meldungen zu getigerten Katzen, die dem Gesuchten ähnelten, ergab sich manch angeregter Austausch über das Viertel und seine vierbeinigen Bewohner. So viele freundliche Gespräche mit bislang unbekannten Nachbarn gibt es sonst in einem ganzen Jahr nicht. „Wer eine Katze hat, braucht das Alleinsein nicht zu fürchten“, hat der Schriftsteller Daniel Defoe mal gesagt. Das gilt für entlaufene Katzen offensichtlich ebenso.

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