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Berlin: Von Tag zu Tag: Kopfjäger

Zwar ist die Kopfjagd stark aus der Mode gekommen, aber in dem einen oder anderen Regenwald gibt es noch eine klitzekleine Chance, auf bunt bemalte junge Leute zu stoßen, die gedörrte Schädel sammeln. Fachleute sagen, dies sei durchaus eine kulturvolle Angelegenheit: Wer Jagd auf Köpfe mache, wolle Stärke und Manneskraft beweisen und heilbringende Wirkung auf das Leben der Stammesgemeinschaft ausüben.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Zwar ist die Kopfjagd stark aus der Mode gekommen, aber in dem einen oder anderen Regenwald gibt es noch eine klitzekleine Chance, auf bunt bemalte junge Leute zu stoßen, die gedörrte Schädel sammeln. Fachleute sagen, dies sei durchaus eine kulturvolle Angelegenheit: Wer Jagd auf Köpfe mache, wolle Stärke und Manneskraft beweisen und heilbringende Wirkung auf das Leben der Stammesgemeinschaft ausüben.

Aber es schrumpfen nur noch wenige Köpfe und stattdessen die Regenwälder. In den gerodeten Gebieten haben sich große Hüttendörfer breit gemacht. Die heißen New York oder Berlin. Dort nennt man die Kopfjäger: Headhunter. Sie sammeln aufstrebendes Führungspersonal. Zugegeben, ein paar ausgedörrte Exemplare sind immer dabei. Es gibt sogar Headhunter, die politisches Führungspersonal suchen. Das ist der schwierigste Job. Wer will schon Bundeskanzler werden, bei dem Gehalt?

Große Verdienste als politischer Headhunter hat sich, in Berlin, Kai Wegner erworben. Ein 28-jähriger, zielstrebiger Versicherungskaufmann, der nebenbei Landesvorsitzender der Jungen Union und Vize-Chef der Berliner CDU ist. Vorzugsweise sponsert er die eigenen Leute. Manchmal lässt Wegner sie auch fallen. So sprach er sich vor Monaten dafür aus, den CDU-Landeschef Eberhard Diepgen abzulösen. Wenig später stützte er seinen Diepgen wieder, mit sicherem Instinkt. Der müsse über 2001 hinaus unbedingt Parteichef bleiben.

Kürzlich rief Wegner den Diepgen sogar zum Kanzlerkandidaten der Union aus. Aber der reagierte nicht entschlossen genug. Der Headhunter musste neu in seiner Kiste kramen - und fand Edmund Stoiber. Der Mann aus Bayern habe die größten Chancen, verlautete Wegner gestern. Endlich: Stoiber ist im Rennen! Kai Wegner selbst will 2002 nur Bundestagsabgeordneter werden. Vorerst. Da hilft es, viel über andere zu reden, die man schon kennt, um selbst ein wenig namhafter zu werden. Wegner wird seinen Weg gehen, das ahnen wir. Er ginge auch im tiefen Regenwald nicht verloren.

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