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Berlin: Von Tag zu Tag: Mathe oder Lunge

Als Frank (Name von der Redaktion frei erfunden, da ich mich nicht an den richtigen erinnern kann) in unsere Klasse kam, fragte er immer, wenn ihm einer blöd kam: Kannste Lunge? Keiner außer Frank konnte damals Lunge.

Von David Ensikat

Als Frank (Name von der Redaktion frei erfunden, da ich mich nicht an den richtigen erinnern kann) in unsere Klasse kam, fragte er immer, wenn ihm einer blöd kam: Kannste Lunge? Keiner außer Frank konnte damals Lunge. Wir waren eine brave Fünfte, die Wildesten unter uns hatten hin und wieder ihren Eltern eine Zigarette geklaut und die dann supercool auf dem Schulklo geraucht, Pustebacke, versteht sich. Nun kam Frank; der war zwar total schlecht in Mathe und Geo, drum ist er sitzen geblieben, dafür hatte er uns das obersupercoole Lungerauchen voraus. Da Frank ein besserer Kumpel war als wir, brachte er uns Lunge bei, wir ihm aber nicht Mathe und Geo.

Und schwupps, so einfach ist das, schwenken wir um auf die Tagespolitik: "Es bringt überhaupt nichts, Kinder sitzen bleiben zu lassen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin, Dieter Haase, am Montag in einem ddp-Interview.

Nun müsste ich natürlich erzählen, wie die Sache mit Kumpel Frank weiterging. Wäre er ein Mathe- und Geo-As geworden, müssten man dies kritisch in die Stammbücher der Lehrergewerkschaft schreiben; hätte er auch weiterhin versagt, riefen wir den Bildungspolitikern ins Gesicht: Schafft das Sitzenbleiben ab! Ich bin aber bald umgeschult worden und habe nie wieder was von Frank gehört. Gesundheitspolitisch, so viel lässt sich immerhin sagen, war Franks Nichtversetzung eine Katastrophe. Dafür konnte ich in meiner neuen Klasse den Obermax machen. "Kannste Lunge?", fragte ich jeden, der mir doof kam. Das war albern, klar, aber Schuld war Frank. Also das Schulsystem. Also, Bildungspolitiker: Schafft das Sitzenbleiben ab!

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