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Von Tag zu Tag: Miethenkampf

Andreas Conrad entdeckt einen neuen Streit auf einer alten Tafel.

Man kann einen Menschen mit einer Axt erschlagen, aber man kann ihn auch mit einer Wohnung erschlagen.“ Es ist eines der berühmtesten Zitate aus der Geschichte des Mietwesens, allerdings war sein Schöpfer nicht Verbandsfunktionär oder dergleichen, sondern Zeichner, Maler, Fotograf: Heinrich Zille hieß der Mann. Das von ihm skizzierte „Miljöh“, oft zu Unrecht nostalgisch verklärt, ist nun zwar nicht mehr das brennende Problem der heutigen Wohnungswirtschaft, aber bestimmte aktuelle Schieflagen müssten Zille und seinen Zeitgenossen, wäre ihnen ein Besuch in der Gegenwart möglich, sehr vertraut erscheinen.

Man nehme nur die „Berliner Gedenktafel“ am Haus Solmsstraße 30 in Kreuzberg, die dort seit 1999 an den „Verein Berliner Wohnungsmiether“ und damit indirekt an ihren frühen Vorsitzenden Hermann Horn erinnert, der 1890 dort sein erstes Büro hatte. „Kauf bricht nicht Miethe“ lautete eine der Zentralforderungen der frühen Mieterbewegung, damals ein Versuch, bei Eigentümerwechseln eine Erhöhung der Miete, gar Kündigung auszuschließen. Heute würde man da wohl von Gentrifizierung sprechen. Bereits 1888 wurde der Verein gegründet, in dem sich zunächst vor allem bürgerliche Schichten zusammenfanden, Kaufleute, Handwerker, Beamte. David trat gegen Goliath an: Die Berliner Grundbesitzervereine hatten um 1900 rund 12 000 Mitglieder. Der Verein der Berliner Wohnungsmiether dagegen: gerade mal 1700.

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