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Von Tag zu Tag: Müllers Revier

Lars von Törne erinnert an die ersten Opfer der Gentrifizierung

Wer war zuerst da? Das konnten schon Hase und Igel nicht eindeutig klären. „Ick bün al dor!“ lautet auch die Botschaft, mit denen in als besonders angesagt geltenden Bezirken Neuankömmlinge von jenen begrüßt werden, die für sich beanspruchen, schon immer hier gewohnt zu haben – wahlweise auch in Schwäbisch, Sächsisch oder Berliner Mundart. Der von den Gebrüdern Grimm überlieferte Wettstreit zwischen Hase und Igel endete tödlich – der Hase verausgabte sich beim Versuch, als Erster da zu sein. Soweit ist es in Berlin noch nicht, aber einige besonders eifrige Kiezverteidiger haben schon deutlich gemacht, dass sie vor rabiaten Methoden nicht zurückschrecken, um ihr Revier gegenüber Neuankömmlingen zu markieren. Eine Ausstellung über den zwischen Alt- und Neubewohnern besonders umkämpften Kollwitzplatz sollte die selbsternannten Ureinwohner jetzt zur Bescheidenheit mahnen. Die einzigen, die von Anfang an „al dor“ waren, waren die Müller, die hier ab 1748 weit außerhalb der damaligen Stadt ihre Mühlen betrieben. Alle anderen kamen zu spät.

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