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Von Tag zu Tag: Osternarzisse

Ulrich Zawatka-Gerlach bedauert die Entfremdung des Städters von der Natur

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Kürzlich hielt mein Chef, dem Schutz der Umwelt sehr zugetan, ein blaues Blümchen hoch und sprach ständig von „der Primel“. Es war zweifelsfrei eine Hyazinthe. Andererseits gibt es auch kluge Menschen, die Osterblumen und Narzissen sorgfältig voneinander unterscheiden – obwohl es keinen Unterschied gibt. Wie sollen wir es da einer armen Praktikantin aus dem Reinickendorfer Gartenbauamt verübeln, dass sie schnöde Götterbäume mit edlen Eschen verwechselt hat?

Wahrscheinlich liegt es an der Stadtluft, die uns von der lieben Mutter Natur so weit entfremdet hat, dass wir nicht mehr erkennen, was sie in den Armen hält. Was für die Flora gilt, gilt auch für die Fauna. Selbst regelmäßige Besucher der Grünen Woche wird man in Verlegenheit bringen, wenn sie den Unterschied zwischen Deutschem Fleckvieh und Jerseyrind erklären sollen. Obwohl es weniger fatal ist, wenn man die falsche Kuh schlachtet. Die Fällung der alten Eschen aber ist schon ein Ding. Und sie wäre zu verhindern gewesen, wenn der Gartenbauamtsleiter zwischen der armen Praktikantin und einer erfahrenen Fachkraft hätte unterscheiden können.

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