zum Hauptinhalt

Von Tag zu Tag: Verloren

Bernd Matthies rätselt über ein Kunstprojekt und seine Begründung

Kunst oder keine Kunst? Eine müßige Debatte. Und müßig wäre es auch, nun zusammen mit den Anwohnern der Wisbyer Straße darüber zu rechnen, ob man die 40 000 Euro für das dort installierte Kunstprojekt nicht besser für Schulbücher ausgegeben hätte – so funktioniert der öffentliche Haushalt nicht, und es wäre dumm, den einen Posten gegen den anderen auszuspielen, die Bildung gegen die Verschönerung.

Die andere Frage ist allerdings, ob das fertige Kunstwerk den Aufwand wert war. Die Schöpferin hat acht Straßenbäume in Prenzlauer Berg mit Tapetenmustern aus verschiedenen Epochen bemalt, um, wie es heißt, „den verloren gegangenen Charakter der Straße als Wohngebiet deutlich zu machen“. Bitte? Die Muster auf der Rinde sind eine Sache, die Begründung eine andere. Denn sie hat genau jenen irritierenden Schwafel-Sound, mit dem seit der großen Jubiläums-Sause 1987 in Berlin immer wieder öffentliche Gelder ins Nichts abgesaugt wurden.

Hoffen wir, dass unsere Graffiti-Wirrköpfe wenigstens nicht anfangen, mit dieser Inspiration im Kopf andere Bäume zu beschmieren. Der Einwand, das sei auch Kunst, ließe sich kaum widerlegen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false