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Von Tag zu Tag: Verspielt

Christian van Lessen erinnert sich an eine S-Bahn, die sympathisch war

Hat die S-Bahn überhaupt noch ein Quäntchen Sympathie verdient? Angesichts wütender Fahrgäste, die auch heute vergeblich auf Züge warten oder sich die Füße in den Bauch stehen, um sich irgendwann in überfüllte Wagen zu quetschen, scheint die Frage von entwaffnender Weltferne. Doch erinnern wir uns ans vergangene Jahr. An die Zeit von Ende Februar bis Anfang Mai, als die Berliner ihre S-Bahn auf einmal alle sehr lieb hatten, ihre Schnelligkeit, Zuverlässigkeit lobten. Es war eine Zeit, als die Stadt in Sympathie für die S-Bahn schwelgte, nicht genug von ihr bekommen konnte. Und wütend auf die BVG pfiff, weil die wegen des längsten Streiks ihrer Geschichte den Verkehr weitgehend verweigerte. Die Berliner reagierten mit Trotz und nutzten, wo sie konnten, die Alternative, die mit der BVG nichts zu tun hatte. Die S-Bahnzüge rollten und rollten, und Millionen Berliner hatten nicht die leiseste Ahnung, welch brüchigem Material sie ihr Leben anvertrauten. Will also die S-Bahn auch nur ein Quäntchen verspielte Sympathie zurückgewinnen, muss sie sich erst mal richtige Räder zulegen.

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