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Von Tag zu Tag: Von oben herab

Johannes Schneider ist nicht überzeugt von einer christlichen Lachoffensive

Wenn Traditionen sterben, trauern traditionsbewusste Menschen. Traditionen aber, die bereits seit Jahrhunderten tot sind, sind selbst denen leidlich egal. Dass das Osterlachen, das sogenannte „risus paschalis“, in der Folge der Reformation aus den Kirchen verdrängt wurde, hat in den vergangenen zwei Jahrhunderten wohl keinen Christen ernsthaft gestört.

Dass nun die Kreuzberger Emmaus-Ölberg-Kirchengemeinde ab Karsamstag zwei Wochen lang die Nachbarschaft ihrer Kirche am Lausitzer Platz im Viertelstundentakt mit Tonbandgelächter vom Kirchturm erfreuen möchte, erscheint vor dem Hintergrund dieser selig verstorbenen Tradition zumindest zweifelhaft. Man hätte es doch alles so lassen können: das Osterlachen als Forschungsgebiet einiger Religionshistoriker – und die heutige Kirche als Raum, der auf angenehme Weise ernst ist und im Gegensatz zur sie umgebenden Welt herrlich leise. Gerade den Anwohnern der Kirche am Lausitzer Platz dürfte der meditative Nachbar im lauten Kreuzberg recht sympathisch gewesen sein. Dass nun gerade der in lautes Gelächter ausbricht – einigen dürfte das eher witzlos erscheinen. (Seite 8)

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