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Von Tag zu Tag: Vorneweg

Werner van Bebber lobt täglich seinen Geschirrspüler.

Man mag über die Vorstellung grinsen, wie Bewohner der Neuköllner Gropiusstadt in Adiletten und Frotteebademantel zum öffentlichen Duschcontainer vor dem Hochhaus schreiten, weil sie die Nasszelle ihrer Wohnung nicht mehr benutzen dürfen. Das hat was von Camping in der City, wird sich aber für die Betroffenen nach Zwangscamping anfühlen. Es ist kein Spaß, ohne sauberes, warmes Wasser in der eigenen Wohnung auszukommen – und wer jetzt noch in sich hineingrinst, sei daran erinnert, wie er fluchte, als ihm zuletzt die Waschmaschine oder der Geschirrspüler verreckt ist. Großstadtbewohner sind in hohem Maß abhängig von präzise funktionierender Infrastruktur. Es beginnt beim elektrischen Licht, geht über den Kühlschrank mit dem tröstenden kalten Bier und das heiße Wasser aus der Leitung und endet bei der S-Bahn. Die Elektrizität funktioniert in Berlin noch ganz gut. Heißes Wasser und fahrende S-Bahn sind nicht mehr selbstverständlich. Das soll die Leute in Neukölln beim Gang zum Duschcontainer ein wenig aufbauen: In Anbetracht offenbar zunehmender Infrastruktur- und Technikprobleme sind sie Avantgardisten des brüchigen städtischen Lebensstils von morgen.

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