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Berlin: Von Tag zu Tag: Was uns Kiri lehrt

Es lebe Plai Kiri! Das Elefanten-Junge im Zoologischen Garten hat sich dem Internet gegenüber gelöst, um das menschliche "darauf geschissen" aus Respekt vor der Kreatur zu vermeiden.

Es lebe Plai Kiri! Das Elefanten-Junge im Zoologischen Garten hat sich dem Internet gegenüber gelöst, um das menschliche "darauf geschissen" aus Respekt vor der Kreatur zu vermeiden. Er vermasselte den verkabelten, elektronisierten, vollends von klickenden Mäusen abhängigen Menschen die Partie. Ein Elefant gegen Mäuse. Ein j u n g e r Elefant zudem! Und da sage einer, die Kreatur habe keinen Charakter. Kusch!

Ein Privatfernsehen und eine sonstwie Internet-GmbH hatten gestern im Einklang mit dem Zoologischen Garten zunächst über Agenturen verbreiten lassen, nunmehr trete Plai Kiri im Internet auf und zwar unter entsprechendem wehwehweh etcetera de tagtäglich zwischen 9 und 16 Uhr 30. Aber dann sahen die folgsamen Gucker in die Röhre. Neuerdings wird ja nicht mehr gesehen, kein Film angesehen, kein Bild angeschaut, sondern alles nur noch "geguckt": Filme, Bilder, Fernsehen. Und geübte Gucker sagten, im Internet sei aber nischt von Plai Kiri in seinem herangewachsenen Zustand zu gucken gewesen. Das war gestern Nachmittag. Das war sodann meine Stunde.

Was lehrt uns denn der kleine, allerliebst altmodische Elefant? Sehr viel! So trompetete er uns beispielsweise zu: "Leute, wollt ihr gelten, macht euch selten!" Und das muss heutzutage bei allen jenen, die immerfort überall kanal-medial sich einbilden, zur Stelle sein zu müssen, um etwas zu gelten, um zu Geld zu kommen, höchlichst irritieren. Womit freilich unser kleiner Kiri nicht nur auf seine eigene Ruhe bedacht ist, sondern auch auf das frische Strauch- und Astwerk, das er nur in schierer Wirklichkeit genießen will - oder säugt er noch, dann eben seine Elefantenmilch.

Und wer womöglich darauf gehofft hat, vermittels von Internet seine Kinder mit der leibhaftigen Kreatur bekannt machen zu können, wird sich nun bequemen müssen, mit den Kindern direktemang zum Zoo zu ziehen. Aber man wird Kiri, den jungen Elefanten, noch Internet-mores lehren. Er ist ja in menschlicher Gefangenschaft.

Ekkehard Schwerk

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