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Von Tag zu Tag: Weißer Strauß

Lothar Heinke entdeckt Zeichen der Anteilnahme vor Nordkoreas Botschaft.

Berlin ist auch Hauptstadt der Botschaften. l57 davon sind über die Stadt verteilt, jede von ihnen repräsentiert ein Stück jenes Landes, dessen Fahne am Eingang weht. Die Flagge der Demokratischen Volksrepublik Korea am Botschafts-Plattenbau an der Ecke Glinka-/Mohrenstraße hängt schlaff auf Halbmast an der Stange, im Schaukasten neben dem Eingang ist die Zeit stehen geblieben, da wird noch immer, ohne Trauerflor, als sei nichts geschehen, dem Staats- und Parteichef Kim Jong Il gehuldigt: Der Mensch war ja, wie sein Vater Kim Il Sung, ein Universalgenie, mal marschiert er über Reisfelder, dann trifft er als „geliebter Führer“ mit Windjacke und Ballonmütze zur Vor-Ort-Anleitung auf Wissenschaftler, Künstler, Babys, Soldaten und andere Opfer der heilen Welt der Diktatur. Immerhin: Einen Fan hat der Chef der DVRK in Berlin. Gestern lag am nordkoreanischen Agitationsschaufenster ein Strauß Chrysanthemen, weiß wie die Unschuld. An der nächsten Ecke, vor der tschechischen Botschaft, die wie ein Raumschiff an der Wilhelmstraße steht, leuchten Dutzende roter Windlichter für Vaclav Havel. Und über einem Foto des Präsidenten steht:  „Wahrheit siegt!“

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