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Von Tag zu Tag: Weiterschlafen

Stefan Jacobs wartet sehnsüchtig auf den Bombenentschärfer.

Eine explosive Mischung, wo haben wir die? Na, in Teilen von Neukölln und Wedding, ruft der Chor. Ja, aber gerade besonders in Schmargendorf: Einmal werden wir noch wach, heißt dort die Devise, bevor am Montag ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft wird. Hubertusallee 54, 500 Kilo, russisches Fabrikat. „Der Zustand der Bombe ist sicher“, teilt die Polizei mit. Das klingt ein bisschen nach Norbert Blüm, also beunruhigend. Zumal, wenn man, sagen wir, in der Hubertusallee 56 oder 58 oder in einer der etwa zehn umliegenden Straßen wohnt, die morgen evakuiert werden müssen. In den Seniorenheimen im Sperrkreis wird wohl manche Erinnerung wach, um die man die Betreffenden nicht beneiden muss. Denn so sanft, wie sie jetzt freigelegt wurde, ist die Bombe vor knapp 70 Jahren nicht gelandet.

Es darf einen durchaus grausen, wenn am Donnerstag eine Bombe vom Gewicht eines halben Autos gefunden wird und dann übers Wochenende in der Herbstsonne döst, bevor der Entschärfer kommt. Ebenso gruselig ist die Vorstellung, dass vielleicht drei Gärten weiter ein ähnlicher Klopper unter der Grasnarbe schlummert. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch angesichts von noch vermuteten 3000 Tonnen Weltkriegsmunition in Berlin.

(Fast) alle Erfahrung spricht dafür, dass es am Montag wieder ein Happy End geben wird samt Foto des Spengmeisters, der neben der Bombe hockt wie der Waidmann beim erlegten 24-Ender. Diese Bilder säumen den Lauf des Lebens wie die von Spatenstichen, Oktoberfesten und Marathonläufern. „Boah!“, denkt man und wendet sich dem nächsten Thema zu oder schläft einfach ruhig weiter. Dass das so ist, darf einen mal mit Dankbarkeit erfüllen. Uns geht's schon ganz schön gut.

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