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Von Tag zu Tag: Zauberhaft

Andreas Oswald kann sich nicht von seinem Lieblingsbahnhof trennen.

Von Andreas Oswald

Es gibt Trends, die sind nicht aufzuhalten. Einer davon ist die Manie, die ganze Stadt saubermachen zu wollen und Areale mit moderner Architektur zu überziehen. Es gibt aber einen zurückgebliebenen Winkel, da bestand die Hoffnung, dass er übersehen wird. Der S-Bahnhof Yorckstraße. Ein Original. 1903 erbaut, schmal, zierlich fast, mit filigranen schmiedeeisernen Säulen, die ein verwittertes Holzdach tragen – zauberhaft. Das hübsche Kleinpflaster wölbt und senkt sich über dem bewegten Untergrund seiner Geschichte. Das sind Stolperfallen, gewiss, nicht nur für Stöckelschuhe, nein, rahmengenähte Herrenschuhe verlieren hier mitunter ihre Sohle, wenn sie hängenbleiben. Allein, diesem süßen alten Bahnhof verzeiht man alles. Zugegeben, es riecht streng im Eingang, sehr streng. Aber das ist ausgerechnet der Teil des Bahnhofs, der unter Denkmalschutz steht. Gut, die knarzende, hässliche Holzbrücke über die Straße, von Beginn an als Provisorium gedacht, die ist nicht zu retten. Die Vorstellung aber, dass der alte Bahnhof eines Tages einem Glaskasten zum Opfer fällt oder einer Betonkonstruktion mit abwaschbaren Kacheln – es blutet das Herz. (Seite 20)

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