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Von Tag zu Tag: Zweimal Berlin

Gerd Nowakowski wundert sich über das Presserecht

Der Mann hat viel Geld. Der Aston Martin, der nach dem Unfall nur noch Schrott war, kostet 200 000 Euro. Zeugen sahen den Mann nach dem Crash aus dem Wrack klettern und davonlaufen – und ein herbeigerufener Polizist erkannte den Fahrer: als Wiederholungstäter. Der Beamte war dabei, als der Mann ein Jahr zuvor schon einmal einen solchen Aston Martin kaputt gefahren hatte – betrunken. Daran erinnert man sich. Der Mann behauptet, er sei nicht gefahren. Heute wird wieder vor Gericht gegen den Prominenten verhandelt – wegen Trunkenheit, Fahren ohne Führerschein, Unfallflucht und falscher Verdächtigung. Ein Fall für die Öffentlichkeit? Auf jeden Fall. Doch der Tagesspiegel darf über den Prozess nur eingeschränkt schreiben: Der Anwalt des Angeklagten unterbindet alles mit dem Hinweis, dieser sei so bekannt, dass ihn jedes Detail erkennbar mache. Das Grundprinzip der Rechtsprechung, eine öffentliche Verhandlung, wird so ausgehebelt. Was sich jeder Normal-Berliner gefallen lassen muss an Berichterstattung, wird mit einem Promi-Bonus der besonderen Art verhindert. Das von cleveren Anwälten bemühte Presserecht legt der Presse Fesseln an.

Es geht auch anders: Die Staatsanwaltschaft ermittelt etwa gegen Robert Schrödel, Ex-Chef des Medizin-Dienstleisters Vanguard, wegen des Verdachts der Bilanzmanipulation, wie wir im Wirtschaftsteil berichteten. Der 2007 als „Entrepreneur des Jahres“ geehrte Schrödel weist den Vorwurf zurück. Sein Name darf genannt werden, weil es laut Justiz um den Schutz der Aktionäre geht. Glauben Sie bloß nicht, es handele sich in beiden Fällen um dieselbe Person. Falls es so wäre, dürften wir das sowieso nicht sagen.

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