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Ein Platz im Einstein Unter den Linden. Das Restaurant hat neue Betreiber.

© Kai-Uwe Heinrich

Von TISCH zu TISCH: Einstein Unter den Linden

Das Einstein Unter den Linden gehört seit kurzem zum Grill-Royal-Imperium. Schmeckt man das auch am Essen?

Wien-Kenner wissen: Die größte in Berlin mögliche Annäherung an das Wiener Kaffeehaus ist das „Einstein“ – und zwar das Stammhaus in der Kurfürstenstraße. Als dieses einst auf Expansionskurs ging, entstanden allerhand Ableger, aber der Charme der holzgetäfelten Villa mit den knarrenden Dielen erwies sich als unkopierbar. Deshalb war auch das nach der Wende gegründete „Einstein unter den Linden“ immer nur ein halber Erfolg. Es brummte vom Frühstück bis in den Nachmittag mit und ohne Promis, aber als Abendrestaurant konnte es sich nie durchsetzen – auf eventuelle Gründe kommen wir gleich. Denn seit kurzem gehört das Haus zum Grill-Royal-Imperium, jener Leute also, deren Hände scheinbar jedes Konzept zu Gold adeln, die sich aber auch mit viel Ehrgeiz in die Betriebe reinhängen.

Zurück ins alte Wien

Das Einstein Unter den Linden – mit dem Stammhaus haben sie nichts zu tun – ist also auf dem Weg zurück ins alte Wien. Aus der alten Wurstigkeit soll Stil werden, und die Küche hat sich deshalb eine Verschlankung verordnet, deren Vorbilder Wiener Institutionen wie das „Plachutta“ sind. Der Tafelspitz wird in zwei Gängen serviert, es stehen Backhendl auf der Karte und Saftgulasch, alles strikt gegen den Zeitgeist, der es lieber kleinteilig und mit Gemüse hat. Ein Stück teurer ist es auch geworden, die Szene grummelt ein bisschen.

Perfekt gegarter Oktopus-Arm

Salat wird immerhin auch hier serviert. Feldsalat und Endivie allzumal, gern auch kombiniert mit optimal marinierten Kartoffeln, zum Beispiel zu den den gebackenen, schön kräftigen, aber ein bisserl zu fettigen Teigtaschen (15 Euro). Zum perfekt gegarten Oktopus-Arm (sicher nicht aus der Donau...) gibt es marinierte Käferbohnen, die das Meeresgetier geschickt in der Steiermark ansiedeln (16,50). Ganz wunderbar gelingt das Wiener Saftgulasch mit einer sämigen Soße aus Zwiebeln und Paprika, dicke Stücke perfekter Konsistenz mit Serviettenknödel – den kann man, Köche, so wie hier auch ohne fettiges Aufbraten auftischen (19). Schließlich Tiroler Kalbsleber mit Speck und Äpfeln in würzigem Fleischjus mit Kartoffelpüree, leider nicht mehr rosig, aber trotzdem zart und charaktervoll (22). Ultraklassisch auch die Desserts, die hier durchaus einen Höhepunkt bilden, Palatschinken mit Orangen (9,50) und perfekt abgepasste Topfenknödel mit Pflaumen- sowie Vanillesoße (9). Die etwa drei Dutzend Weine kommen aus Deutschland und Österreich, sind gehoben kalkuliert, aber nicht überteuert; die gute „Hausmarke“ von Roland Velich, Veltliner/Chardonnay, kostet 42 Euro. Das kann so gehen.

Die Atmosphäre hat noch Rerserven

Was immer noch hängt, ist die Atmosphäre am Abend. Das Licht wirkt unangenehm diffus, ist nur stellenweise betont. Vorn im Restaurant stehen winzige Café-Tische, an denen Essen kaum serviert werden kann, was den Eindruck unangenehmer Leere vermittelt. Denn die Gäste sitzen überwiegend hinten um die Ecke herum, wo die Tische größer sind, wo aber der Service nichts im Auge behalten kann. Und deshalb breitet sich ein irritierender Gesamteindruck von Wartehalle aus, der eben gerade nicht die Gemütlichkeit eines Wiener Kaffeehauses ausstrahlt, sondern eine ganz andere Botschaft: Lass uns gehen. Ich bin sicher: Das wird. Aber es ist noch Arbeit nötig – am allerwenigsten in der sehr soliden Küche.

- Einstein, Unter den Linden 42, Mitte, Tel. 2043632, täglich ab 7, Wochenende ab 8 Uhr geöffnet.

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