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Nach monatelanger Pause in neuer Gestalt und mit ausgereiftem Küchenkonzept wieder da: das Honça in Wilmersdorf.

© Honça/promo

Von TISCH zu TISCH: Honça

Plötzlich ist es zurück, das türkische Restaurant am Ludwigkirchplatz. Nach der Wiedereröffnung wird dort besser gekocht denn je

In drölfzig Jahren Restaurantkritik ist mir ja schon allerhand untergekommen – das aber nicht: Ein Restaurant verabschiedet sich in die Sommerpause, bleibt dann geschlossen, ein Vierteljahr, ein halbes, und plötzlich macht es dann doch wieder auf. Wie sich so etwas rechnet? Es geht wohl nur, wenn kein Bänker jeden Monat Kohle sehen will, aber das kann uns ja auch egal sein. Jedenfalls: Das „Honça“, das ich hier kurz nach der Eröffnung 2012 als kulinarischen Gewinn für eine große türkische Stadt bezeichnet habe, ist wieder da, und die Küche ist besser denn je.

Anatolische Wurzeln

Das liegt daran, dass sich der alte und neue Küchenchef offenbar davon verabschiedet hat, im Zweifel nur irgendwie mediterran zu kochen. Was jetzt hier auf die Teller kommt, hat unüberschmeckbar türkische, genauer: anatolische Wurzeln, denn es ist das Ergebnis eines langen ruhigen Kochbuchstudiums, für das ja genug Zeit war. Das heißt, dass Kreuzkümmel und andere Gewürze eine größere Rolle spielen als bisher, was nicht jedem unmittelbar gefallen wird. Das Kunststück, das dabei durchweg gelingt, liegt darin, den Bogen von bodenständigen Mama-Gerichten bis zur modernen Hochküche zu schlagen, ohne dass ein stilistischer Bruch zu spüren wäre. So ist „Keskek“ eine Art Weizengrütze mit völlig zerkochtem Kalbfleisch, ein bodenständiger Eintopf also, der hier nur mit etwas Rotkohlpüree in Zwiebelhälften einen raffinierten Dreh bekommt. Auch Hummus, das panarabische Kichererbsenpüree, kommt unverfremdet vor, begleitet von hausgemachter Sucuk, der türkischen Wurst, sowie marinierten Rote-Bete-Würfeln und einer Scheibe Käse.

Ungekünstelt und modern

Das alles wirkt vor allem durch seine ungekünstelte Authentizität, die es so meines Wissens in keinem anderen türkischen Restaurant der Stadt gibt. Aber die Küche kann natürlich auch anders, moderner, globaler. Die gegarten, dünn à la Carpaccio aufgeschnittenen Garnelen transportierten einen Hauch von Zitrusfrüchten, Gurkenwürfel und als salzigen Akzent eine generöse Portion Kaviar – köstlich. Die drei Bulgur-Bällchen mit Rindfleisch wurden von einer tomatigen Gemüsepaste und grünem Kräuteröl einleuchtend begleitet. Als „Fisch des Tages“ wurde geangelter Wolfsbarsch präsentiert, glaubhaft, denn das Filetstück war nicht nur schön saftig groß, sondern auch fein aromatisch. Die Begleitung hielt sich zurück, ohne charakterlos zu wirken: Fenchel-Kartoffelpüree, eine Spargelstange, Scheiben von roten Beten, etwas zerkrümeltes Würzbrot. Zum saftig-rosigen Kalbsfilet kam ein besonderer Teller zum Einsatz, der es erlaubte, das Fleisch an einem theatralisch roten Abhang anzurichten – der schadete dem Geschmack nicht. Es handelte sich dabei um ein Püree aus Cemen, einem aus vorwiegend aus Bockshornklee und Kreuzkümmel bestehenden Mischgewürz und wiederum roten Beten, frisch säuerlich abgestimmt, dazu kam noch ein kleiner Pudding aus roten Linsen, ein Gericht mit reicher, ungewöhnlicher Aromatik.

Mit Liebe gekocht

Man könnte glatt sagen, dass hier, ja, liebevoll gekocht wird, sehr überlegt und traditionsbewusst, wenn auch nicht mit dem letzten Feinschliff, wie ihn deutsche Gourmet-Köche versuchen würden. Aber das muss hier auch gar nicht sein, zumal angesichts der vernünftigen Preise (vier Gänge 49, fünf 59 Euro, und à la carte). Der Service ist sehr freundlich, und beim Wein sind zumindest kleine Verbesserungen erkennbar; die enormen Qualitätssprünge junger türkischer Winzer spiegeln sich allerdings noch kaum. Aber es muss ja auch noch Raum für Verbesserungen bleiben. Übrigens: Fürs Wochenende ein guter Mittags-Tipp.

- Honça. Ludwigkirchplatz 12, Wilmersdorf, Tel. 23 93 91 14, geöffnet Di bis Fr von 17 bis 23, Sa/So von 12 bis 23 Uhr.

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