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Frisch gestrichen, ansonsten wie früher: das "Il Calice" am Walter-Benjamin-Platz in Charlottenburg.

© Il Calice / promo

Von TISCH zu TISCH: Il Calice

Familie Bragato will es noch einmal wissen - und holt sich ihr Ristorante zurück. Aber: Hat es wieder das Zeug zum Kultlokal?

Gute Restaurants, die einmal weg sind, kommen nicht zurück, das ist Gesetz. Bestenfalls wird was anderes Gutes draus, meist aber geht es bergab. Von hier bis zur „Enoiteca Il Calice“ ist es kein weiter Weg, denn das einstige Kultlokal der Familie Bragato, später am Walter-Benjamin-Platz zum großstädtischen Ristorante gereift, war nach dem Verkauf vor einigen Jahren weitgehend abgesoffen. Nun ist Antonio Bragato, der im Friaul auch ein Weingut betreibt, wieder eingestiegen, hat die Wände frisch streichen lassen und auch die Küche wieder auf Kurs gebracht – sagt er.

Hochklassige Antipasti

Davon ist tatsächlich einiges zu spüren. Allerdings ist auch der enorm selbstgefällige, nur am eigenen Ego orientierte Service wieder da, der mir früher schon manchen Besuch verleidet hat. Aber schauen wir uns mal das Angebot an: Es gibt die mit hochklassigen Antipasti beladenen Platten („Tajer“) wie früher, es gibt allerhand Carpaccio-Varianten und Klassiker wie die süß-sauren venezianischen Sardinen „in saor“ – damit macht man nichts falsch. Gegenwärtig ist Trüffelsaison, sie werden dünn gerieben über schmale Bandnudeln (Tajarin), in Schwarz (19 Euro) für Gut- und Weiß für Besserverdiener (29), ganz einfach, ohne Schnörkel. Der Feldsalat mit eingemachten Quitten und Kartoffeldressing (10) ist okay, kommt aber leider komplett aus der Kühlung und braucht Zeit, um überhaupt schmeckbare Aromen zu entwickeln. Brasato al Barolo (24), ein schön zarter Schmorbraten aus der Rinderschulter, liegt puristisch schmucklos da mit einem Stück Spitzkohl, knackig gedünstet, und etwas zähen, recht dunkel nachgebratenen Gnocchi. Das Steinbuttfilet hängt, ungewöhnlich, an der dicken schwarzen Haut, die es aber saftig hält; dazu gibt es Orangenfenchel und ein Püree aus weißen Bohnen, eine schmucklose Anrichtung, die nicht vom guten Grundprodukt ablenkt (34).

Wenig einfallsreiche Desserts

Schließlich probieren wir zwei der wenig einfallsreichen Desserts, ein leichtes, saftiges Tiramisu (6,50) und eine gute Crème brûlée, die das nichtssagende Pflaumenkompott dazu nicht gebraucht hätte (9). Ausgezeichneter Espresso. Die Weinkarte ist nicht mehr so enzyklopädisch sortiert wie in den alten Tagen, steht aber im italienischen Fach gut da, auch offen: Zum Rind offerierte man uns tiefgründigen 2012er Barolo von Renato Ratti für 14 Euro – das passte.
Es kann also wieder werden mit der neuen alten „Calice“. Aber in den Details steckt noch eine Menge Arbeit.
- Walter-Benjamin-Platz 4, Charlottenburg. Mo bis Sa 12 bis 01 Uhr. Tel. 32 42 308

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