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Das "Le Petit Royal" in Charlottenburg - vermutlich eher etwas für gut betuchte Touristen als für die Nachbarn aus dem Kiez.

© Le Petit Royal / promo

Von TISCH zu TISCH: Le Petit Royal

Das Richtige für Gäste in Champagner-Laune: der kleine Bruder des "Grill Royal" tischt in Charlottenburg auf

Der kleine Bruder des berühmten „Grill Royal“ ist natürlich auch ein dankbares Ziel für Prestige-Gourmets. Das sind Menschen, die Selbstbewusstsein daraus ziehen, viel Geld fürs Essen auszugeben und sich entsprechend aufführen. Die Gruppe am Nachbartisch war laut und hatte unermesslichen Beratungsbedarf. Normalerweise höre ich nicht zu, fremdschämen ist ja nicht gerade ein angenehmer Zeitvertreib, aber in dem Fall blieb keine Wahl. Dabei wäre im Eingangsbereich des weitläufigen und aufwändig edel gestalteten Lokals noch eine Reihe von ruhigen Tischen frei gewesen.

Warum man uns an einen kleinen Tisch im gut gefüllten hinteren Bereich unterbrachte, blieb mir ein Rätsel. Zumal meinem Wunsch, um 20.15 Uhr zu reservieren, auch nicht entsprochen werden konnte. Zur Auswahl standen nur 20 oder 20.30 Uhr. Diese Art von Reglement nervt mich sehr. Komischerweise tritt es gern in Kombination mit hohen Preisen in Erscheinung, wo man eigentlich besonders freundliche und flexible Behandlung erwarten sollte.

Der bessere Aperitif

Egal, eventuell aufkommender Unmut ließe sich nun am besten mit einem Aperitif herunterspülen, einem schönen Winzersekt vielleicht oder einem kühlenden Prosecco. Leider Fehlanzeige. Sowas wolle der Chef nicht, sagte uns der Kellner. Es gebe nur Champagner. Einen „Hugo“ könne er als Alternative anbieten. Dann schon lieber den puren Stoff, offen und zwar 0,1 Liter für heftig metropolitane 13 bis16 Euro, immerhin halbwegs großzügig eingeschenkt. Vorweg probierten wir ein Küchlein Fenchelsalat mit Birne und Parmesan auf Orangendressing. Das war erstaunlich gut gekühlt, und die fruchtige Kombination war auch ganz originell, bestreut mit Wildkräutern (11 Euro). Etwas spannender noch war die Soupe Petit Royal, deren dunkler Suppenfonds am Tisch aus einer Karaffe über die Einlage gegossen wurde; ein sehr schöner, sehr intensiver Geschmack, der Fischstücke, Muscheln, Garnelen, Paprika und Staudensellerie gut in Szene setzte. Dazu gab es eine leicht säuerliche Sauce Rouille von kräftig gelber Farbe. Zu groß war die Portion nicht, man kann sie als Vorspeise oder als Hauptgang haben. Auf der Rechnung erschien sie als Hauptgang (16 Euro).

Selbst ist der Gast

Hauptgänge funktionieren hier nach dem Baukastenprinzip. Man bestellt ein Stück Fisch oder Fleisch und kombiniert die Beilagen dazu. Das Filet vom Steinbutt war leicht paniert, zart und frisch und mit einer halben Thymian-Zitrone und einer dichten Decke aus vielen kleinen Kapern und Tomatenwürfeln kombiniert. Das schmeckte köstlich (35 Euro). Der gemischte Salat dazu war mir etwas zu fade: wildblättrig, wenige Cherrytomatenhälften und Gurkenschnitze, kaum schmeckbares Dressing (5 Euro). Ein 200 Gramm schweres Rinderfilet war zart und medium gegart (32 Euro). Madeira-Sauce gibt es nicht so häufig dazu, die schmeckte gut und kräftig (4 Euro). Auch die dunkelbraunen Pommes Frites aus ungeschälten Kartoffeln waren gelungen, wenngleich vor allem preislich gesalzen (6 Euro). Zum Nachtisch probierten wir Mangoeis, mit Pistazien bestreut – einfach, aber einleuchtend (9 Euro). Das Essen kam erstaunlich schnell, und unser Ober war sowohl souverän als auch sehr freundlich. Warum ihm der Kollege aus dem leeren Teil des Restaurants in Stoßzeiten nicht mal beisprang, habe ich nicht verstanden. Die Weinkarte ist gut sortiert, wie zu erwarten. Ab 30 Euro kann man fündig werden. Mit dem gut gekühlten, trockenen Mosel-Riesling von Dr. Loosen war ich jedenfalls zufrieden. Insgesamt würde ich aber denken, dass dieses Restaurant auf Dauer eher von betuchten Touristen leben wird als von den Leuten aus der Nachbarschaft. Das Essen war ganz gut, aber nicht wirklich begeisternd.

- Le Petit Royal. Grolmanstraße 59, Charlottenburg, Tel. 33 00 60 750, geöffnet Mo-Sa ab 18 Uhr.

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