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Hinter einer schäbigen Ladenfront in Charlottenburg versteckt: das Ryotei 893. Dunkel ist es im Raum und hell an den Barplätzen direkt an der Küche. Musik legt sich über die Gespräche, ohne zu stören.

© Ryotei 893 / promo

Von TISCH zu TISCH: Ryotei 893

Der neue Streich von "Kuchi"-Chef The Duc Ngo: ein clever gemachtes Großstadtrestaurant, eine coole japanische Speisenbar

Wer einmal erfolgreich ist in der Berliner Gastronomie, der kann versuchen, dieses Erfolgsrezept zu vervielfachen – wenn er denn eines hat. Manches ist aber einfach nur Zufall oder Intuition, wenn man beispielsweise anschaut, wie Radzcun und Landwehr, die Erfinder des Grill Royal, nach und nach völlig verschiedene Neugründungen angeschoben haben. Tim Raue setzt dagegen voll auf die Zugkraft seines Namens und seines – unabhängig von der Küchenrichtung – durchschlagenden Kochstils. Und dann gibt es noch die Asiaten wie Guan Guangfeng (Long March Canteen), die vor allem frische Räume inszenieren und mit nur geringfügig abgestuften Küchenkonzepten immer neue Gäste anlocken.

Neuer Ort, magnetische Wirkung

Auch The Duc Ngo, der "Kuchi"-Chef, hat diesen Dreh längst entdeckt – und spendiert der Kantstraße nach der Brasserie "Madame Ngo" jetzt einen weiteren Ort mit anscheinend magnetischer Wirkung: Ryotei 893. Das Wort steht für ein traditionelles japanisches Restaurant, führt aber insofern in die Irre, als dieses hier vor allem eine coole Speisenbar ist, die es mit der traditionellen Küche nicht so übermäßig ernst nimmt. Dunkel ist es im Raum und hell an den Barplätzen direkt an der Küche, Samt und Marmor veredeln ein wenig, und Musik legt sich über die Gespräche, ohne zu stören, weil die Akustik funktioniert. Die Karte ist viel zu groß, um mit einem Essen einen umfassenden Eindruck zu vermitteln, und damit eigentlich das Gegenteil eines puristischen Japan-Konzepts. Auf Sushi, Sashimi, Tiradito, Ceviche und Salate haben wir ebenso verzichtet wie auf vegetarische und frittierte Gänge und Desserts. Hier soll jeder Gast irgendetwas finden, und deshalb haben wir zugelangt in der Rubrik „Chef’s Recommendations“ (die Arbeitssprache ist Englisch). Der Knaller in dieser Liste ist Seeteufel-Leber (Ankimo), zubereitet wie eine Foie-Gras-Terrine, und traditionell von Ponzu-(Zitrus-Soja-)Sauce und Chili-Rettich (Momiji Oroshi) begleitet – garantiert nicht jedermanns Sache, aber glänzend inszeniert (13 Euro).

Jenseits von Japan

"Tako" ist knusprig gegrillter Oktopus mit kleinen, geschälten Tomaten, Avocadowürfeln und Sesamdressing(12), "Yasai Yaki Udon" eine Nudelsuppe, eine sehr große Schüssel mit viel Substanz aus Pak Choi, japanischen Pilzen und einer dichten, wunderbar aromatischen Brühe (14). Unter dem Stichwort "Escabeche"... Moment, was soll das denn hier? Ja, da verlassen wir nun Japan ganz und kommen zu ausgebackenen Streifen von "Sweet Water Bass", was möglicherweise unser Flussbarsch ist, umgeben von grünem Spargel und Zwiebeln in einem dezenten Weißwein-Zitronen-Sud. Schmeckt! Das Tenderloin-Steak, gleich in der Küche in Scheiben geschnitten und wiederum mit Pilzen und Teriyaki-Sauce serviert, konnte dann keine weiteren Funken schlagen, war aber trotz einer gewissen Festigkeit sehr in Ordnung (32). Gute Weine in akzeptabler Auswahl, Gutsriesling von Molitor: 33 Euro.

Clever gemacht

Kurz nach dem Start hatten Küche und Service noch Abstimmungsprobleme, das Bestellen wurde merkbar verzögert, um im Andrang etwas Luft zu schaffen – das ist in diesem Rahmen keine große Sache und wird sicher besser. Der Laden, hinter einer zum Übersehen schäbigen Ladenfront versteckt, brummt von Anfang an. Ich kann das verstehen, das ist ein clever gemachtes Großstadtrestaurant, das so auch nach London oder New York passen würde. Mit mehr Beschränkung und Produktorientierung könnte die Küche aber noch deutlich zulegen. PS: Das nächste Duc-Ngo-Projekt ist schon unterwegs. Das Restaurant im Hotel "Provocateur" in der Brandenburgischen Straße in Wilmersdorf soll im Herbst öffnen.

- Ryotei 893. Kantstr. 135, Charlottenburg, Tel. 91 70 31 21, Mittwoch bis Sonnabend ab 18.30 Uhr.

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