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Gedeck unter Deck. Das Restaurantschiff "Spree-Blick".

© promo

Von Tisch zu Tisch: Spree-Blick

Koch ahoi! Auf diesem Restaurantschiff kann man schön sitzen. Aber auch gut essen? Früher war es hier ja ziemlich bieder...

Sanft auf leise plätscherndem Wasser schaukeln, dazu der Blick auf Trauerweiden und die untergehende Sonne, und all die Idylle möglichst mittenmang, also maximal zwei U-Bahn-Stationen vom Kurfürstendamm entfernt, das ist so ein typisch bescheidener Berliner Traum von einem perfekten Sommerabend. Tiergarten ist ein gutes Ziel, aber einschlägige Adressen, die Eingang in Reiseführer wie „Lonely Planet“ & Co. gefunden haben, sind meist überfüllt. Und von dem Schiff des Grauens, auf dem Leser, Freunde und ich selber einst schrecklich behandelt wurden, habe ich leider immer noch nicht gehört, dass es unter neue Bewirtschaftung geraten ist.

Allerdings hatte ich einen Tipp bekommen, dass sich das Schiff Spree-Blick an der Anlegestelle für die Ausflugsboote zum achtbaren Restaurant gemausert haben soll. Das war mir früher als eher biedere Verpflegungsstation für nicht ganz so verwöhnte Senioren aufgefallen.

Man sitzt tatsächlich sehr schön, und an unserem Abend war es auch überhaupt nicht voll. Einige muntere Jungs machen sich zu schaffen, wenngleich man nicht auf Anhieb begreift, woran genau, aber egal, die Karte kommt ja irgendwann. Ob er vielleicht den grauen runden Tisch mal abwischen könne? Der mit dem grau karierten Hemd zuckt die Schulter angesichts der vielen Flecken: „Nützt nix“, sagt er cool, „die sind eingewachsen.“ Nun könnte man erörtern, wozu der Mensch die Tischdecke erfunden hat, aber dazu ist es vielleicht noch ein bisschen früh, die Jungs sind erst seit einem guten Monat an Bord, irgendwann werden sie sich ein paar Investitionen schon zusammenverdient haben.

Wasser und Wein kommen in praktischen Klarsichttüten mit Eis und sind tatsächlich gut gekühlt. Die Weinkarte ist noch sehr übersichtlich mit sechs Flaschen zwischen 24 und 29 Euro. Der rheinhessische Graue Burgunder von Fluhr-Eller schmeckte uns zwar und passte auch gut zum Essen (24 Euro). Trotzdem könnte es sich empfehlen, noch einen leichten Tropfen für unter 20 Euro auf die Karte zu nehmen.

Die Speisekarte ist auch noch klein, aber lustig. Die Hauptgerichte sind klassisch sortiert zwischen Maultaschen und Hähnchen mit Kartoffelpüree. Immerhin gibt es aber drei Kindergerichte zur Auswahl. Und was, bitte, ist Schafskäsetatar? Drei Kugeln einer fluffigen Schafskäseanrichtung, sehr pikant umgeben von roten Tomatenwürfeln, gelben Paprikabröckchen und Kapern, Salat dazu und natürlich Baguette. Klingt irgendwie gewollt modisch, schmeckt aber verblüffend gut (6,50 Euro). Das galt auch für die kalte Joghurt-Gurkensuppe, die, wirklich kühl und erfrischend, auch rosa Garnelen in sich barg (4,50 Euro).

Salat mit Thunfisch mag kein Kracher sein, wenn es um Originalität geht, aber hier war er souverän zubereitet mit dünn geschnittenen roten Zwiebeln, gutem Fisch, Tomaten, Paprika und einem zu sparsam dosierten Honig-Senf-Dressing, von dem wir aber vermutlich einen Nachschlag hätten bekommen können (8,50 Euro). Ganz charmant fanden wir auch die drei Shrimpsküchlein mit Kräuterschmand und Salat. Der Shrimpsanteil ließe sich zwar noch erhöhen, aber als kleine Mahlzeit an einem heißen Tag ist das so ganz in Ordnung (7,50 Euro). Vor die Wahl gestellt, den Nachtisch entweder mit Créme Brulée oder Panna Cotta zu bestreiten, entschieden wir uns für den Käsekuchen, der herrlich und – durchaus ernst gemeint – nach Selbstgebackenem vom Vortag schmeckte (2,90 Euro).

Ein Ziel für Gourmets ist das nicht, aber eine Feinschmecker-Regel besagt, dass man bei schönem Wetter nirgendwo besser aufgehoben ist als auf der eigenen Terrasse. Wer trotzdem raus will, sollte seine Trampelpfade ruhig mal verlassen. Obwohl ich mir auch nicht vorstellen möchte, was die Jungs anstellen würden, wenn der Laden plötzlich voll wäre.

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