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Berlin: Von wegen Hundeleben

Nirgendwo geht es Haustieren besser als in Berlin – wenn die Halter wissen, wo sie Hilfe finden

Tiere sind nie eitel. Aber ihre Halter sind es dafür umso mehr. Wenn der Rottweiler ein paar Kilo zu viel auf den Rippen hat oder die Farbe des Goldfischs schon ein bisschen verblasst ist, soll es Carina Vogel mit der Wirklichkeit nicht ganz so genau nehmen. Das macht sie gerne: „Jeder bekommt das Bild, das er bei mir bestellt.“ Carina Vogel ist Haustiermalerin, hat schon Hamster, Hunde und Pferde auf Leinwand verewigt. Ein komischer Beruf sei das auf den ersten Blick schon, sagt Vogel, aber schließlich gebe es genug Nachfrage.

100 000 Hunde, 150 000 Katzen und noch viel mehr Vögel, Mäuse und Meerschweinchen leben in Berlin. Und müssen versorgt und gepflegt werden. Nirgendwo in Deutschland gibt es mehr Dienstleister, die sich ausschließlich um das Wohl von Haustieren kümmern. Die einen gehen mit Hunden spazieren, die anderen nehmen Tiere bei sich auf, wenn der Besitzer in Urlaub fährt. Manche bieten auch psychologische Beratung an – wahlweise für den Besitzer oder das Tier. Oder kümmern sich um die Fellpflege: Doreen Bendt führt seit anderthalb Jahren den Hundefriseursalon „Pfiffikuss“ in Adlershof und hat mittlerweile 300 Stammkunden. Ein gepflegtes Fell sei auch für das Tier wichtig, sagt Bendt. „Kitschige Spielereien“ lehnt sie dagegen ab, zum Beispiel das Färben von Hundehaaren oder das Lackieren der Krallen: „Da hört bei mir der Spaß auf.“ Bei anderen fängt er da gerade erst an. In speziellen Zubehör-Läden gibt es vieles zu kaufen, was eher den Tierhalter als das Tier freut: Halsbänder im „African-Ethno-Style“ oder das „Anti- Bell-Halsband“, dessen Zitronengeruch seinen Träger ruhig stellen soll. Auch geschäftstüchtige Esoteriker haben das Tier für sich entdeckt und bieten Horoskope für Katzen an. Oder Bachblüten-Therapie für Kaninchen. Ob das hilft, ist in Tiermediziner-Kreisen umstritten.

Verlassen kann man sich dagegen auf die Berliner Tierrettung. Die kommt im Notfall mit ihrem Rettungswagen und hilft, den Leguan unterm Schrank oder den Yorkshire-Terrier aus dem Abwasserrohr zu befreien. Obwohl der Fahrer kein Blaulicht einschalten darf, ist der Wagen innerhalb von 30 Minuten an jedem Punkt der Stadt. Das Rettungsteam bietet auch Erste-Hilfe-Kurse an: Da lernt man für 75 Euro, wie Haustiere im Notfall in die stabile Seitenlage gebracht werden. Und wie man sie im Mund-zu-Nase-Verfahren notbeatmet.

Wenn alle Rettungsversuche fehlschlagen oder wenn ein Haustier an Altersschwäche stirbt, wollen viele Besitzer feierlich von ihrem Tier Abschied nehmen. Deshalb gibt es in Berlin und Umgebung inzwischen mehrere Tierfriedhöfe, auf denen tote Haustiere erdbestattet werden können. Es gibt aber auch Ingo Kopmann. Der Charlottenburger ist Inhaber der „Berliner Präparationswerkstatt“ und stopft seit 20 Jahren verstorbene Haustiere aus. „Viele Besitzer haben diesen Wunsch, müssen sich aber erst überwinden, weil ihre Mitmenschen das eklig finden.“

Der Markt für Tier-Dienstleistungen und Zubehör wächst. Wohl auch deshalb, weil immer ungewöhnlichere Haustiere gehalten werden. Dieses Jahr dürfte die Nachfrage nach Aquariums- Zubehör ansteigen. Zumindest, wenn man dem Industrieverband Heimtierbedarf glaubt: Der hat nämlich gerade die Garnele zum „Trendtier 2006“ gekürt.

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