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Berlin: Von wegen Seeteufel mit Lavendellutscher

Im „Alt Luxemburg“ kocht Karl Wannemacher seit 30 Jahren ohne modischen Schnickschnack.

Manchmal scheint es uns heute, als seien Köche grundsätzlich junge Männer mit Ziegenbart und Tattoos, die ihr Leben in irgendeiner Fernsehsendung fristen, bis der Quotenverfall sie früh ins Beraterdasein entlässt. Dass man als Koch ein solides, langes Berufsleben am Herd führt, scheint nicht mehr vorgesehen im Karriereplan. Deshalb ist auch Karl Wannemacher eine Ausnahmeerscheinung: Seit 30 Jahren ist der heute 60-jährige Patron und Küchenchef im Charlottenburger „Alt Luxemburg“, seit 30 Jahren begleitet von seiner Frau Ingrid im Service; selbst der Kellner Oliver Körber ist schon so lange dabei, dass sich niemand mehr daran erinnern kann, wie es ohne ihn war.

Ein Phänomen. Vermutlich gibt es in Deutschland noch ein paar solcher Restaurants, und in Berlin hat neulich das „Florian“ schon seinen 30. gefeiert. Auch andere Namen von damals existieren noch in der Gastronomie. Aber auf der Feinschmecker-Hochebene, dort, wo es um Sterne und Mützen geht?

Karl Wannemacher hatte einen Michelin-Stern, hat ihn vor gut einem Jahrzehnt verloren, wie das manchmal so ist. Doch die Lehre, die er daraus gezogen hat, ist typisch für ihn: Er hat einfach weitergemacht, so, wie er es für richtig hielt, so, wie er es aus seinem Selbstbewusstsein als verbriefter Küchenmeister machen wollte. Das hat den Michelin dann nicht mehr überzeugt, doch die Gäste sind geblieben, jene Gäste, die sich an einer unaufgeregten, modefernen, aber immer persönlichen und originellen Küche erfreuen.

Und überhaupt: Karl Wannemacher weiß ja, wie es weiter oben zugeht. Anfang der 80er Jahre war er Küchenchef bei Henry Levy, dem genialischen Avantgardisten vom Berliner „Maitre“. Das hatte zwei Sterne, wurde auch immer mal als Kandidat für den dritten genannt.

Weniger bekannt war, dass Levy zwar genial konzipieren und einkaufen konnte, aber selbst praktisch nicht kochte. Das taten weitgehend unbekannte Küchenchefs – Karl Wannemacher trat den Job 1977 an, nachdem er drei Jahre im Haus war und sich bei bekannten französischen Chefs fortgebildet hatte. 1982 wurde das „Maitre“ geschlossen, und Wannemacher machte sich mit seiner Frau selbstständig – das Geschirr „Alt Luxemburg“ gab den Namen. Ingrid Wannemacher, zuvor Bürokraft beim DIN-Institut, brachte sich das Service-Handwerk erst nach der Eröffnung selbst bei.

Dann ging es bergauf, vor allem in den Jahren vor der Wende. Siegfried Rockendorf, Peter Frühsammer, Franz Raneburger und eben Karl Wannemacher waren die Platzhirsche, eroberten ihre Sterne. Mit der Wende wurde die Szene größer, Hotels übernahmen die Führungsrolle. Inzwischen hat sich der Wirbel ein wenig gelegt, es gibt Nachfrage nach jeder Art feiner Küche, auch nach jener gelassenen, wie sie im „Alt Luxemburg“ zu finden ist.

Karl Wannemacher bleibt beim alten Konzept der kulinarischen Harmonie, kocht auch Spätzle und seine legendäre Hummercremesuppe, modernisiert behutsam, aber stetig – und hat immer einige der besten Desserts der Stadt. „Ich möchte nicht zu einem Seeteufel einen Lavendellutscher serviert bekommen“, hat er auf der Höhe der spanischen Welle gesagt, und sie ist an ihm vorübergeschwappt; ganz diskret hat er sich die eine oder andere Sache von ihr abgeschaut. Es bleibt auch nach 30 Jahren bei dem, was die Wannemachers schon immer von sich gesagt haben: ihr Restaurant sei eins der besten der Stadt. Bernd Matthies

Restaurant Alt Luxemburg, Windscheidstr. 31, Charlottenburg, Tel. 323 87 30, Montag bis Sonnabend ab 17 Uhr. Die Veranstaltungen zum Jubiläum sind auf der Website www.alt-luxemburg.de zu finden.

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