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Franziska Giffey, (SPD). Seit dem 14. März 2018 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Kabinett Merkel IV.

© Foto: Mike Wolff

Exklusiv

Vor anti-israelischem Al-Quds-Marsch: Giffey fordert mehr Engagement gegen Antisemitismus

Am Sonnabend ziehen wieder Islamisten und Antisemiten beim Al-Quds-Marsch durch Berlin. Jüdische Organisationen und Politiker kritisieren die Kundgebung.

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Aus Anlass der am diesem Sonnabend stattfindenden Al-Quds-Kundgebung hat die Bundesfamilienministerin und ehemalige Bezirksbürgermeisterin von Neukölln, Franziska Giffey (SPD), mehr zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus gefordert. „Die Vorfälle der letzten Wochen, Monate und Jahre zeigen, dass Antisemitismus ein ernstes Problem unserer Gesellschaft ist, das wir nicht akzeptieren dürfen", sagte die Ministerin dem Tagesspiegel. "Für Antisemitismus, Ausgrenzung und Hetze gegen Jüdinnen und Juden darf es keinen Platz geben. Wir alle müssen antisemitischer Diskriminierung entgegentreten, laut werden gegen Antisemitismus und Jüdinnen und Juden zeigen: Wir sind da für euch, wir unterstützen euch."

Jüdisches Leben bereichere unsere Gesellschaft, sagte Giffey. "Nirgendwo in Deutschland dürfen wir es zulassen, dass Menschen Angst haben müssen, offen eine Kippa zu tragen. Das Tragen religiöser Symbole in der Öffentlichkeit ist elementarer Teil der Religionsfreiheit und ein hohes Gut unseres Grundgesetzes."

Auch andere Politiker rufen zum Protest gegen die Kundgebung auf

Der Kampf gegen Antisemitismus ließe sich nur gewinnen, wenn die Zivilgesellschaft vor Ort gestärkt wird, findet Giffey. "Nur wenn wir uns gemeinsam und auf allen Ebenen – in der Familie, vor Ort im Kiez, in Politik, Kultur und Wirtschaft – immer wieder gegen Antisemitismus in allen seinen Erscheinungsformen einsetzen, werden wir ihm dauerhaft Einhalt gebieten können."

Auch andere Politiker sowie jüdische und nicht-jüdische Organisationen riefen bereits zuvor für diesen Sonnabend in Berlin zu Protesten gegen den zeitgleich stattfindenden israelfeindlichen "Al-Quds-Marsch" auf. Es sei unerträglich, dass mitten in Berlin zur Zerstörung Israels aufgerufen werde, erklärte das Mideast Freedom Forum Berlin am Freitag in der Bundeshauptstadt. Der Al-Quds-Marsch sei "quasi der Lautsprecher der islamistischen Diktatur im Iran auf dem Ku'damm". Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte, es sei Bürgerpflicht, Antisemitismus in all seinen Formen zu bekämpfen.

Schuster: Aufgabe des Staates, Juden zu schützen

In dem Protestaufruf gegen den Al-Quds-Marsch wird auch ein Verbot der gesamten Hisbollah als Terrororganisation gefordert, die maßgeblich vom Iran finanziert werde. Bislang hat die EU den Angaben zufolge nur den "militärischen Arm", nicht aber den "politischen Arm" auf eine Terrorliste gesetzt.

Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, forderte ein Verbot von Hisbollah und Al-Quds-Marsch. Bei der islamistischen Propagandaveranstaltung werde für eine Eroberung Jerusalems und die Vernichtung Israels demonstriert, kritisierte Schuster. Es sei unverständlich, dass diese Demonstration Jahr für Jahr genehmigt werde.

In einem Telefonat mit Schuster betonte Bundespräsident Steinmeier, es sei Aufgabe des Staates, Juden zu schützen und einzuschreiten, wo es notwendig ist, auch bei Demonstrationen und öffentlichen Veranstaltungen. Steinmeier sagte laut Mitteilung des Bundespräsidialamtes vom Freitag im Gespräch mit Schuster, Antisemitismus sei "immer ein Angriff auf uns alle, auf unsere Demokratie und unsere offene Gesellschaft". Eine aktive Zivilgesellschaft müsse sich dem entgegenstellen. "Nur wenn Juden in Deutschland vollkommen zu Hause sind, ist diese Republik vollkommen bei sich", erklärte der Bundespräsident.

Innensenator Geisel läuft bei der Gegendemonstration mit

Der neue Berliner Antisemitismusbeauftragte Lorenz Korgel appellierte an die Berliner, sich zahlreich an den Gegendemonstrationen zu beteiligen. Auch der Berliner CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner und eine Gruppierung der Antifa riefen zu Protesten gegen den Aufmarsch auf, hinter dem den Sicherheitsbehörden zufolge die Hisbollah steckt.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sprach in der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ (Ausgabe 29. Mai) von „nur schwer erträglichen Ansichten“, die auf der Al-Quds-Demonstration vertreten würden. Die Hürden für ein präventives Verbot des Aufzuges seien aber sehr hoch. Ein mögliches Verbot sei intensiv und umfänglich geprüft worden. Es gebe aber nicht genügend gerichtsfeste Anhaltspunkte.

Zu der antiisraelischen Al-Quds-Demonstration sind laut Polizei rund 2000 Teilnehmer angemeldet. Sie soll am Samstagnachmittag über den Kurfürstendamm führen. Zum Al-Quds-Marsch versammeln sich alljährlich Israel-Gegner und Antisemiten verschiedener Richtungen, darunter zahlreiche palästinensische Organisationen.

Al-Quds ist die arabische Bezeichnung für Jerusalem. Der Al-Quds-Tag wurde 1979 vom iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini ausgerufen und dient dazu, den arabischen Anspruch auf ganz Jerusalem zu untermauern. Er findet traditionell am Ende des Ramadans statt. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat vorgeschlagen, aus Solidarität mit den Juden am Samstag die jüdische Kopfbedeckung Kippa zu tragen. (mit epd)

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